Various Artists - Songs Of Gastarbeiter Vol. 2
Rezension
Noch immer haben viele von uns Klischees im Kopf, wenn wir uns an diese Einwanderergeneration erinnern. Assoziationen von Männern mit traurig-melancholischen Blicken, die Zigarette rauchend Bahnhofshallen belagern, oder Familien, die für aufsteigenden Grillrauch in Stadtparks sorgen, sind noch immer gängig. Der Antrieb von AYKU bei diesem Projekt besteht darin, Unbekanntes bekannt zu machen, und diese vielfältige Musikkultur zu dokumentieren, damit sie nicht verloren geht. Zudem wollen AYKU mit Songs of Gastarbeiter der ersten Generation ihren Respekt zollen und so einem Versäumnis nachkommen. Denn egal, ob in der Politik, Wirtschaft oder Kultur, alles, was heute als Erfolg von Migrantinnen und Migranten der zweiten oder dritten Generation in Almanya gefeiert wird, hat seinen Ursprung in dieser Generation, so AYKU. In Songs of Gastarbeiter Vol. 2 tragen AYKU eine noch größere musikalische Bandbreite zusammen. Auf dem Album finden sich neben vielen Originalaufnahmen auch dieses Mal neu produzierte Tracks. Dafür schmiedete AYKU eine Kollaboration mit Shantel. Der DJ und Musikproduzent liefert für Songs of Gastarbeiter Vol. 2 einen Re-Edit von Ata Cananis "Alle Menschen dieser Erde", in dem das Italo-Disko-Keyboard an einen nicht enden Sommer erinnert. Mit seiner Version des Songs gelingt es Shantel, nicht nur Gastarbeiterlieder im Hier und Jetzt zu präsentieren, sondern deren Potenzial für die Zukunft zu feiern. Mit Shantel, Ata Canani, Toni y Los Santos, Derdiyoklar, Yüksel Özkasap, Bayon u.v.a.
Unser Rezensent schreibt:
Ozan Ata Cananis letztjähriges Album „Warte mein Land, warte“ war wie die begleitenden Konzerte ein kleines Erweckungserlebnis für bei diesem Thema ungeschulte (deutsche) Ohren. Pionierarbeit zur musikalischen Gastarbeiterkultur leistete bereits 2014 das Münchner Label Trikont mit der ersten „Songs of Gastarbeiter“-Compilation. Canani war damals auch schon dabei und eröffnet auch diese zweite Ausgabe mit seinem Hit (oh ja!) „Alle Menschen dieser Erde“ im Remix von Shantel. 17 Songs in 70 Minuten geben einen Einblick in eine damals leider geschlossene bzw. von Deutschen ignorierte musikalische Kultur. In türkischen, griechischen, spanischen und italienischen Communities entstand ein Parallelkosmos, getragen von Cassettenveröffentlichungen in teils erstaunlich hohen Auflagen. Diese Schätze werden nun ein zweites Mal gehoben und offenbaren Erstaunliches: politische Protestsongs und Discofolk für Hochzeitsfeiern, Anadaolu Rock und griechischen Remebetiko, spanische Popmusik und kuriose Partysongs: Kontrastreich und vital, divers und kein bisschen nostalgisch. Besonders interessant finde ich „Cherie“ von Bayon in der DDR produziert mit dem kambodschanischen Musiker Sonny Thet und stilistisch nicht leicht zu fassen. In diesen weitgehend unerforschten musikalischen Nischen wartet offenbar noch einiges Gold Almanya freut sich schon auf Volume3 der „Songs of Gastarbeiter“. (Joe Whirlypop)
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