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Various Artists - Declaration of Fuzz / An International Garage Band Compilation

Cover von Declaration of Fuzz / An International Garage Band Compilation
Various Artists
Declaration of Fuzz / An International Garage Band Compilation

Label Glitterhouse Records
Erstveröffentlichung 13.10.2006
Format CD
Lieferzeit 1 – 3 Werktage
Preis 8,95 € (inkl. MwSt. zzgl. Versand)
Rezension

YEAH!!! Vor 20 Jahren erschien die erste Glitterhouse-Langspielplatte. Selbstverständlich nur auf Vinyl. „Declaration Of Fuzz“ hieß sie. Wir bastelten bereits seit einigen Jahren an einigen Ausgaben eines Fanzines namens „The Glitterhouse“ herum. Und kamen darüber mit vielen Bands aus aller Herren Länder in Kontakt. Wohlgemerkt: Es waren dies die Zeiten, in denen man das Internet noch nicht kannte. Fax war nicht sehr verbreitet. Wir hatten ja nicht mal ein Telefon. Heute kaum noch vorstellbar - man kommunizierte per Brief. Es gab generell noch keine umfassende Infrastruktur. Es gab lokale tätige Aktivisten, funktionierende kleinteilige Szenen, ein paar regionale Treffpunkte, einige auf Importe spezialisierte Plattenläden, das war’s auch schon. Fanzines waren Meinungsführer. Für Allnighter fuhren wir bis Hamburg oder Regensburg. Egal: Es war unschuldig, jung, spaßig. Es war eine an Besessenheit grenzende Freizeitbeschäftigung. Bis dahin.

Und dann kam alles ganz anders. Jedenfalls fragten uns immer mehr dieser jungen Neo-Sixties- und Garagenrock-Bands von sonst woher, ob wir denn nicht jemanden wüssten, der eventuell ihre Musik in Europa auf Schallplatten pressen und verbreiten wolle. Uns fiel partout niemand ein. Und dann dachten wir: Nun ja, kann ja eigentlich so schwierig nicht sein, Platten zu machen, ist ja keine Raketentechnik. Paar Kröten zusammengekratzt und losgelegt. Erst eine Single: „The Sound Of The Young Soul“ der Hipsters aus Duisburg. Authentischer Retro-Sixties-Beat. Dann aber eine Langspielplatte. Eine aufregende Compilation sollte und musste es sein. Schließlich waren anno tobak Lenny Kaye’s „Nuggets“-Zusammenstellungen für uns selbst – und vermutlich auch für viele der letztlich auf „Declaration Of Fuzz“ vertretenen Bands - Fundgrube und Inspiration gewesen. Die „Mastertapes“, die uns erreichten, genügten in den wenigsten Fällen professionellen technischen Standards. Da musste es auch schon mal eine handelsübliche Musikcassette als Datenträger tun. Was der Chuzpe der Musiker und dem Anliegen ihrer Musik entsprach: Wer mehr als zwei oder vielleicht gar vier Tonspuren zur Aufnahme benutzte gehörte bereits zum Rock-Establishment. Studiotechnische Mätzchen oder kristallklarer Sound waren ebenso verpönt wie nagelneues Equipment. Es gab einfach zu verstehende, unausgesprochene Codes: Keep it simple, aber tu so, als seien deine Chelseas die schärfsten der Stadt.
Ein bisschen Großspurigkeit gehörte schon dazu, das Werk „Declaration Of Fuzz“ zu nennen. Aber bitte, es waren immerhin auch Bands vertreten wie die MIRACLE WORKERS, BOYS FROM NOWHERE, BROKEN JUG oder die STOMACH MOUTHS, deren Namen noch heute dem geübten Sixties-Allnighter-Besucher Tränen der Freude in die Augen treiben. Alle teilnehmenden Bands waren in den frühen Achtzigern aktiv – sie sahen ihren Daseinsmittelpunkt jedoch ganz offensichtlich zwei Dekaden früher, in der Ära der Beatle-Boots, Moptops und Paisley-Shirts. Sie waren beeinflusst von der „British Invasion“, von den Pretty Things also, von den Beatles oder den Rolling Stones, mehr noch aber von deren amerikanischen Widerparts: The Sonics, Seeds, Standells, Remains oder 13th Floor Elevators. Sie rotzten dir ihre Stimmbänder vor die Füße, sangen über Drogen, die sie vermutlich noch nie ausprobiert hatten oder über mysteriöse Vorgänge in ihrer Wohnküche, über Mutanten aus dem All und über bunte Pillen aus Mutters Schublade. Manchmal ging es auch nur um Liebe – dann allerdings vornehmlich um enttäuschte. Sie zerdepperten Tamburine en gros, traktierten ihre Vox-Teardrops, Danelectros oder Rickenbackers wie Berserker, nudelten sich `nen Wolf auf ihren Farfisa-Versandhausorgeln – und waren die heißeste Scheiße, die man sich nur vorzustellen vermochte. Dramen voller Teenage-Angst und Coolness, voller Verzweiflung und Hoffnung und Selbstbewusstsein, voller Selbstbetrug auch: Denn mit den gerne beschworenen wilden Outlaws aus ihren Songs hatten die meist aus der Middle-Class kommenden Kids oft wenig gemein. Aber all dieser Frust, verpackt in drei Minuten lang scheppernde Symbolik: So musste Musik sein. Das fühlte sich gut an.

Damals brachte dieses Album - das können wir ganz unbescheiden so behaupten - eine Menge in Gang. Seit Jahr und Tag vergriffen und nie auf CD veröffentlicht, haben wir es nun aus der Versenkung geholt. Lasst euch ein auf eine Zeitreise. Und: Sagt es der Jugend. Denn Garagen-Rock scheint mir unter den geschmackssicheren juvenilen Musikhörern wieder en-vogue. Der Kreis schließt sich. Damen und Herren, re-mastered, erstmals als Compact-Disc und mit Original-Artwork: „Declaration Of Fuzz“!

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