Mdou Moctar - Funeral For Justice
Rezension
Die Musik dieser Gruppe aus dem Niger ist ja nur bedingt vergleichbar mit Tinariwen oder Tamikrest, selbst die rockigen Alben von Bombino nehmen sich demgegenüber fast zahm aus. Zurzeit jedenfalls sind sie für mich die beste Tuareg-Band überhaupt. Die Kernelemente des typischen Tuareg-(„Desert Blues“-) Sounds sind nach wie vor vorhanden, die Melodik/Harmonik zum Beispiel, wenn auch gern modifiziert oder abgeschwächt, siehe die Verwendung des Call-Response-Prinzips im Gesang oder die Art der Rhythmik. War ihre Auslegung bislang massiv rockiger Natur, ist sie nun in 1,2 Fällen schon beinahe punkig zu nennen, der Drive ist immer wieder enorm, die Dichte, Schärfe, Härte und Intensität, die Power ebenso das war zwar beim großartigen „Afrique Victime“-Album schon zu hören, aber sie treiben es jetzt noch mehr auf die Spitze, gewisse Verfeinerungen des Vorgängers (Psychedelic-Elemente, Hall, poetische Momente…) werden stark verringert (ohne gänzlich zu verschwinden). Allein das unglaublich furiose, brennende Gitarrenspiel samt Feedbacks und Distortion ist sensationell (mittlerweile konnte man schon die Klassifizierung „bester Rockgitarrist der Welt“ oder den Begriff „Gitarrengott“ lesen). Im Titeltrack drehen sie auf Höchstgeschwindigkeit, überschlagen sich beinahe (in toller Rhythmik!), anderswo gibt es wilde Schredderorgien der Gitarre (in nicht mehr ganz so schneller Gangart), zwei Stücke weiter wird das Geschredder von massivem Tremolo ersetzt, mehr rhythmische Akzentuierungen verwendet, auch Breaks (mit gleichzeitig hymnischen Phasen obendrauf). Das alles korreliert perfekt mit diversen Texten, politischer und „expliziter“ denn je, wütend, partiell knallhart, gelegentlich macht es den Eindruck, als ob Moctar seine Wut auf seine Gitarre überträgt. Steigerungen in diese Richtung sind musikalisch eigentlich nicht mehr vorstellbar. Es gibt aber Ausnahmen, bzw. Relativierungen: Zweimal dann doch wieder Psychedelic-Einfluß (nach eher „klassischem“ Start a la Tamikrest inklusive klasse Effektgitarren, dann aber doch wieder beschleunigt; oder in Kombination mit kurzzeitig ausgesprochen wilden Momenten sowie überraschendem Rhythmuswechsel mittendrin); zwei Tracks setzen (zusätzlich zu den elektrischen) Akustikgitarren ein, in nur gemäßigt schneller Gangart, verzichten gar kurz auf die Drums (von Percussion ersetzt), melodisch jeweils ausgesprochen schön gestaltet, teils mit bestechendem Trance-Charakter, mehr Call-Response-Vocals; oder inklusive reizvoller Rhythmusverschiebungen mit ergänzender rollender Percussion, ebenfalls Trance-artig im Ergebnis. Alles in allem: Ein fantastisches Werk, große dicke Empfehlung! (detlev von duhn)
Review
Funeral For Justice is the new album by Mdou Moctar. Recorded at the close of two years spent touring the globe following the release of 2019 breakout Afrique Victime, it captures the Nigerien quartet in ferocious form. The music is louder, faster, and more wild. The guitar solos are feedback-scorched and the lyrics are passionately political. Nothing is held back or toned down. The songs on Funeral For Justice speak unflinchingly to the plight of Niger and of the Tuareg people. "This album is really different for me," explains Moctar, the band"s singer, namesake, and indisputably iconic guitarist. "Now the problems of terrorist violence are more serious in Africa. When the US and Europe came here, they said they"re going to help us, but what we see is really different. They never help us to find a solution."
Tracklisting
1. Funeral for Justice< |
>2. Imouhar< |
>3. Takoba< |
>4. Sousoume< |
>5. Imagerhan< |
>6. Tchinta< |
>7. Djallo #< |
>8. Oh France< |
>9. Modern Slaves |
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