Christian Kjellvander - Solo Live
Rezension
Pur.
Echt.
Wahr.
Im Konzert liegt Wahrheit. Auf der Bühne trennt sich Spreu vom Weizen. Vielleicht nicht immer, sicher aber, wenn nicht Schwarzrock-Security-bevölkerte Gräben, sondern nicht mehr als eine kleine Stufe den Künstler von der gebannt lauschenden Schar trennt, wenn zwischen Sänger und Hörer nur wenige Meter klingend-schwirrender Luft liegen, gerade mal zwei Gitarren und ein Mikrophon den Ort des genialen Geschehens auskleiden. Die Kargheit des Arrangements ist es, die im Moment des Konzertes die wahre Kreativität offenbart, natürliche Nuancen erspüren lässt, Musik und Musiker in unbändige Tiefen folgen, in nackter Ehrlichkeit erleben lässt, eine Stunde des bewegenden Mit-Fühlens erlaubt, die in den besten Fällen magisch ist. Und der Schwede Christian Kjellvander ist einer dieser wenigen, wahren Magier.
Mal mit einer von den Jahren des Schaffens gezeichneten akustischen, mal mit einer nicht minder ehrwürdigen Halb-Akustik-Gitarre bewaffnet, eröffnet und erfüllt der Singer-Songwriter von weicher Wärme gefüllte Klangräume, die vielgebrauchte Singer-Songwriter-Worthülse um emotionale Tief-Ebenen voller Trauer und Tragik bereichernd, das unscharf umrissene Americana-Idiom mit einer skandinavisch-melancholischen Note belebend, mit scheinbar wenigsten Mitteln zu einem Grad der Intensität heraufreduzierend, die nahezu einzig ist. Dabei ist Kjellvander, in Malmö geboren und durch zehn amerikanische Jahre in seiner Kindheit auch musikalisch nachhaltig geprägt, ein gewachsener, kein studierter Musiker, ganz ohne halsbrecherische Fingerübungen erfüllt er den feinfühlig fiebernden Klangraum mit stilreich schillernden Folk-Variationen, lässt mal die Saiten sanft aufgelöst flüstern, mal die akustische Akkorde wie beruhigenden Balsam ins Herz fließen, um im nächsten Moment in exotische Fernen zu schweifen oder im aufbrausenden Aufwühlen die Grenzen des Gefühls auszuloten. Da lugt Leonard Cohen durch düstere akustische Akkorde, während Neil Young in monumentalen Momenten dreckig-drastischen Desert-Rocks seine Patenschaft nicht leugnen könnte. Zwischen den Extremen aber lebt die Seele des schwedischen Singer-Songwriters, zwischen dem schieren Schmerz der alltagsgrauen Selbsterkenntnis, dem salbenden Balsam der gelebten Liebe und den stets durchschimmernden, Hoffnung verheißenden Blicken zum Horizont.
Kjellvander ist kein übermäßig kommunikativer Conferencier, was er sagen will, kann und muss, singt er. Und das mit einer Stimme, die mal in voluminöser, warmherziger Fülle, mal am Rand des Mitfühlend-Erträglichen brüchig-verletzlich, mal schmeichlerisch-weich, mal in Momenten voll ehrlichen Sentiments den Halt verlierend, die wenigen Meter zwischen sich und den ergriffenen, hörbar verstummten Lauschern überbrückend, Hirn und Herz erreichend, berührend, bewegend. Von schlicht scheinenden Akkorden getragen und getrieben, erheben sich die melancholischen Melodien wie ein Gebet zum Himmel, werden Worte in ihrer vollen Bedeutung spür- und erlebbar, ist das tief-kratzige „truth“ wirklich Wahrheit, wird das unendliche oft ausgelaugte „love“ wieder als Liebe fühlbar, schmerzt Kjellvanders „hurt“ tief und bleibend. Im intim gesungenen Gespräch erreichen die oft von blumigen Bildern bestimmten Texte des emotionsreichen Wort-Schmieds die Seele seiner treu mit ihm reisenden Gefolgschaft, manch einer bereits als enger Vertrauter den Abend erlebend, während die sonor-seelenvolle Stimme für andere nur zehn Lieder nach dem ersten Kennenlernen zum guten, echten, bleibenden Freund geworden ist.
Ein Kjellvander-Konzert wirkt, wühlt, brennt lange nach, welch ein Segen, wenn dieser einzigartige Moment in seiner tiefgründelnden Ehrlichkeit, in seiner ungekünstelt-kunstvollen Reinheit, in seiner gelebten Musikalität zum wiederholten Durchleben auf Band gebannt werden kann. Wenn wehmütige Weise und weichherziger Lied-Schmied, nur das Werk und sein Schöpfer, den Weg auf Tonträger finden, ohne verfälschenden Firlefanz, ohne verwischenden Feinschliff, zum Wieder- und Wiederhören konserviert werden können, zum Wiedererleben magischer Momente, die in ihrer berührenden Klarheit, in ihrer ergreifenden Gefühlstiefe einzig sind.
Ganz rein.
Ganz pur.
Echt wahr.
(cpa)
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