Rezension
Die düstere Fürstin der dunkel-delikaten Chanson-Kunst ist zurück und weiß mit ihrer dritten Song-Kollektion noch mehr zu verwirren, noch tiefer zu berühren, noch finaler zu faszinieren. Ihre einzigartige, ebenso emotionsreiche wie artifizielle, herzrührend weiche wie schneidend rohe, seelen-warme wie bitter-kühle Musik-Melange entzieht sich noch mehr der einfachen Klassifizierungsversuche als bislang, und dennoch versprühen die dunklen Klang-Kristalle einen unwiderstehlichen Zauber. Auch die mal artistisch abgehobenen, mal ungemein erdnah ausgestalteten Arrangements tragen das ihre dazu bei, gleichzeitig eingängig und sperrig zu wirkend, den Song umgehend in die Seele zu tragen und dennoch bei jedem neuen Zusammentreffen mit neuen Facetten zu locken. Und über dem kochend-kühlen Frost-Feuer aus perlendem Piano und rauh-rohen Gitarren-Riffs, schwelgerischen Streichern und kühnen Klangspielereien, sengender Steel, verzaubernden Violinen-Visionen und ungemein farbreich vielfältiger Perkussions-Phantasie thront die Königin dieses kathartischen Klang-Reichs. Mit ihrer tief unter die Haut und ins Herz schneidenden Kühle zwischen Marlene Dietrich und Nico beherrscht sie die nachtschwarze Welt der großen Gefühle zwischen tragischer Tindersticks-Tristesse und weitreichender Walkabouts-Wehmut, einstürzenden Neubauten und gründelndem Tom Waits-Poltern, zwischen Brel und Brecht, verführt den Hörer auf akustische Abwege, um ihn mit musikalischer Macht auf ewig gefangen zu nehmen. Rauh-romantische, roh-reife, gefühlvolle wie experimentierfreudige Singer-Songwriterkunst von delikater, dunkler, bleibender Größe. (cpa)
noch mehr von Andrea Schroeder