Larkin Poe - Venom & Faith
Rezension
Das Beste aller Welten oder: Das ist der Gipfel. Kaum haben die sauberen Swamp-Schwestern die Major-Asche abgeklopft, steigen sie Phoenix-gleich in himmlische Höhen denn seien wir mal ehrlich, so unter uns Larkin Poe-Liebhabern: Dies 2018er Wucht- & Wurzel-Werk ist das gelungenste, gehaltvollste, ja genialste, das die Lovell-Schwestern in ihrem an großartigen Veröffentlichungen nicht armen Schaffen je erschufen. Anstatt nach dem Universal-Drop in Schmerz und Selbstmitleid zu vergehen, oder schlimmer noch stilistische Kehrtwendungen zu unternehmen, gehen Megan und Rebecca ihren bereits mit Kin/Reskinned eingeschlagenen Weg der finalen Symbiose ihrer wohlgewachsenen Roots-Welt mit verwirrend verlockenden Stil-Fremdkörpern weiter zu einem absolut eigenständigen, organischen Ganzen, das vor Musikalität, Energie, Können und Leidenschaft nur so brodelt.
Bereits zu Beginn des Werkes mithilfe der ursprünglichen Kraft der von wuchtiger Stimme erfüllten, von Handclaps getriebenen, mit Keyboard-Macht zu Woodkid-Wucht und Weite getragenen, unwiderstehlich mitreissenden Version von Bessie Jones' Sometimes mitten ins fiebernd kochende Geschehen katapultiert ist der Hörer, egal ob Larkin Poe-Kenner oder nicht, unrettbar der Magie dieser musikalischen Melange verfallen, verliert die großartig arrangierte, perfekt auf den Punkt gebrachte Song-Kollektion auch bei dezent gedrosseltem Tempo nichts von ihrer omnipräsenten Energie. In der folgenden Emotions-Achterbahn geht es quer durch die Stil- und Stimmwelten; und auch wenn die Blueswurzeln das Groove- und Gefühlsgeschehen wie ein roter Faden durchziehen und bestimmen, mal zwischen den Zeilen, mal mitten zwischen die Augen, auch wenn die beseelte Saitenarbeit der Schwestern das Klangbild prägen, so ist Venom & Faith so viel mehr als ein reines Roots-Album, ohne dabei jemals die wahren Wurzeln zu verleugnen.
Mit in diesem Alter überraschend reichem Erfahrungsschatz leben Larkin Poe die amerikanische Folk-Blues-Geschichte mit Haut und Haaren, Leib und Seele, mit Slide und Steel, Torch and Twang, bereichern aber die reine Kunst um allerhand großartig eingeflochtene Klangfremdkörper, die sich bereits beim ersten überraschten Erleben nahtlos in das Groove-Ganze einfügen, und flirrende Field Recordings in fiebernd pumpenden Blues-Dub verwandeln, Desert Country-Drone mit heftigen Hip Hop-Metal-Akkorden attackieren und saftigste Sumpf-Gänge mit unwiderstehlichem Groove unterlegen, wie man es sonst nur bei My Baby erlebt. Dazwischen bleibt immer noch Zeit für gepflegten, twanggetriebenen Country Rock, von schmutziger Slide geschliffenen Swamp Blues, pulsierende Ausflüge zum Mississippi und orgelgesegnetes Gospel-Gefühl, stimmlich wie instrumental begeisternd durch einem kongenial agierendes Geschwisterpaar, das mit dieser Großtat weiter an seiner Einzigartigkeit feilt. Wünschte ich mir früher bei Larkin Poe-Live-Auftritten das Abspielen alter Klassiker, so erträume ich mir jetzt das komplette neue Album in seiner Gänze (am Besten gleich zweimal hintereinander) diese Musik ist nicht allein zum Hören gemacht, man muss sie atmen, inhalieren, ganz und gar in sich aufnehmen. Lebendiger, leidenschaftlicher kann man den Blues nicht in Lieder gießen. (cpa)
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