Makaya McCraven - In These Times
Rezension
Makaya McCraven ist Schlagzeuger, Komponist sowie Produzent und im Jazz eines der größten Versprechen für die Zukunft des Genres. Sein neues Album heißt "In These Times" und erscheint auf International Anthem und XL Recordings. Ganze sieben Jahre hat McCraven an diesem Werk gearbeitet und es ist die Krönung seiner facettenreichen Diskographie und dabei genau das Album geworden, das er schon immer machen wollte. Der bloße Begriff "Jazz" trifft nach Meinung von Makaya McCraven den Sound des Albums nur unzureichend. "In These Times" ist ein Album ohne enge musikalische Grenzen. Diese verwischen nämlich in den Arrangements des Künstlers, in dem er Jazz, sowie Folk des 21. Jahrhunderts und Elektronik vermischt. Die New York Times schrieb einst über ihn: "McCraven hat sich im Stillen zu einem der besten Argumente für die Vitalität des Jazz entwickelt" - andere sehen in ihm einen "kulturellen Synthesizer" oder einen chamäleonartigen Innovator des Genres. Makaya wurde im Herbst 1983 als Sohn der ungarischen Sängerin und Flötistin Agnes Zsigmondi und des afroamerikanischen Jazz-Schlagzeugers Stephen McCraven in Paris geboren und wuchs in einer quicklebendigen, kreativen Gemeinschaft in Northampton, Massachusetts, auf, wo sein Vater oft mit Künstlern wie der Saxophonistin und Musikethnologin Marion Brown, dem Multi-Instrumentalisten Yusef Lateef und dem Saxophonisten Archie Shepp sowie einer Reihe afrikanischer Gnawa-Musiker spielte. Diese spezielle Szene mit ihrer Mischung aus verschiedensten Kulturen trug dazu bei, seine Philosophie des Jazz" zu definieren: Jazz, der eben "nicht nur" Jazz war, sondern auch Elemente traditioneller Folkmusik enthielt. Prägend war dabei auch die osteuropäische Volksmusik seiner Mutter.
Unser Rezensent über das Album:
Daß er kein genuiner/reiner Jazz-Musiker (mehr) ist, ist mittlerweile eh bekannt, nicht nur wegen seiner Vorliebe für modernste Technik und den Konzepten dahinter, dem Sampling, den radikalen Remixen, dem Faible, unabhängig vom Ursprung alles Mögliche neu zusammenzusetzen/neu zu schneiden. Universal Being war fantastisch, Deciphering… ebenfalls exzellent, manches fand ich nicht so überzeugend. Hier treibt er es eigentlich noch weiter. Die zu Grunde liegenden Aufnahmen (im Studio oder live) zogen sich über viele Jahre (13 oder 14 Musiker waren beteiligt), die einzelnen völlig neu entstandenen Stücke haben im Ergebnis damit nichts mehr zu tun. Die Musik ist dermaßen vielschichtig, oft komplex (was z.B. die ganz erstaunlichen teils beglückenden bis geradezu lustvoll wirkenden Arrangements betrifft, sowie die manchmal verblüffenden Stil-Kombinationen, Sounds, Rhythmen), und klingt dennoch gar nicht verkopft, läßt sich spielend leicht „konsumieren“ und macht eine Menge Spaß. Allein die häufige Verwendung von Streichern und/oder Harfen kommt überraschend, ist enorm geschickt platziert, und genauso wirkungsvoll. Das alles hört sich zum Beispiel ungefähr so an: Broken Beats und tricky Verschiebungen in intelligenten verzögerten Grooves mit ungeraden Metren treffen auf extrem repetitive kreiselnde Motive mit (u.a.!) auch Jazz-Bezug irgendwie auf seltsame und reizvolle Art faszinierend hypnotisch und ein bischen kontemplativ, zugleich neuartig und innovativ. Zeitgemäßer/moderner fließender World-Groove-Jazz mit Hip Hop-Ahnungen außerhalb aller gewohnten/gewöhnlichen Schemata. Ein absolut friedvolles völlig ruhiges und melodisches Ambiente mit Harfen-Kaskaden im Zentrum und minimalen Folk- und Eastern-Spuren. Ansteckende satte Grooves, hell und freundlich, beinhalten wie einige Klänge Einflüsse aus aller Welt von Brasilien und Mittelamerika bis Fernost. Kurzzeitige Minimal Music- und Ambient-Verweise vereinigen sich mit spoken word-Einlagen, langsamen Trance-Beats im Wechsel mit nervöser Rhythmik, einem brillanten hoch emotionalen mittel-langen Sax-Feature (das bis in Free Jazz-Bereiche hineingeht), leisen Soulelementen, geringen Afrika-Hinweisen (sehr kurzzeitig) und vertrackter spannender Polyrhythmik; dazu breitet sich ein farbensprühendes zeitweise überwältigendes Klanguniversum aus (das einzige lange Stück). 70s-Jazz (z.B. ein Hauch John McLaughlin), Blues, spirituelles Flair und vieles mehr in undefinierbarer Verquickung. Ein völlig entspannter Fluß, repetitives Melodiensampling (Sax) und leichtfüßige Schönheit in inniger Umarmung… Und das ist noch nicht alles. Ein kleines Wunderwerk alles in allem, das zwar Stücke enthält, die mich nicht ganz zufriedenstellen (aber dafür woanders viel Anklang fanden), aber eben auch eine Menge schon fast einzigartige Highlights. Ach ja: Neben den schon angesprochenen Instrumenten wirken u.a. noch E-Gitarre, Trompete, Vibrafon, Kalimba und Marimba, Flöte, Keyboards/Synthie, (E-) Piano, Orgel, Sitar mit. Starker Bass in diversen Stücken! (detlev von duhn)
Tracklisting
1. In These Times< |
>2. The Fours< |
>3. High Fives< |
>4. Dream Another< |
>5. Lullaby< |
>6. This Place That Place< |
>7. The Calling< |
>8. Seventh String |
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