Yard Act - Where's My Utopia?
Rezension
Zweite LP der Band aus Leeds, die mit ihrem ziemlich großartigem und in Teilen innovativem Debut vor allem in England mächtig abräumte. „Raus aus dem Post Punk-Ghetto“, lese ich, nun ja, das praktizierten sie schon vor 2 Jahren, wenn auch diesmal noch konsequenter, das Album ist eine achterbahnfahrende Wundertüte, auch innerhalb der einzelnen Stücke präsentieren sie vollkommen unberechenbare Konglomerate. Klingen dabei zum Beispiel wie stark heruntergedimmte Sleaford Mods, die wahlweise auf gefühlvollen Indie Pop und punktuelle Streicher (nur kurz, das aber bei fast der Hälfte der Tracks) und R´n´B-Spritzer, oder zeitgenössische Grooves, Soundtrack-Anklänge, Free Rock-Ausbrüche und Hip Hop-Momente treffen. Oder sie zelebrieren einen seltsamen Pop-Modern-R´n´B-Indie Rock-Mix mit Stampf-Faktor, lassen groovenden Post Punk (in abgespeckt) kurzzeitig sehr wild/atonal ausflippen, bringen scharfkantigen Post Punk mit früher Gang Of 4-Schlagseite in den Anarcho-Modus mit knappen Ruhephasen, bei denen die Gitarren ausgeschaltet bleiben. Anderswo wird Spät-80er Hip Hop mit Free Jazz-Gebläse (für Sekunden) und Avantgarde-Post Wave kombiniert, oder eine wilde Mischung aller möglicher 80s-Sounds zwischen schroff, poppig und groovy upgedated, oder heutiger Indie Rock (im Kern) variabel groovend sowie mit vielen Überraschungen ausgestattet. Das ist längst nicht alles, kurze Post Punk-Elemente und starke (Rock- wie „schwarze“) Grooves tauchen öfters auf, u.a. werden Hardcore, No Wave-Splitter oder verdrehter „Psychedelic Jazz“ dazwischen geschossen. Ungeheuer ereignisreich jedenfalls, insgesamt wirken sie auf mich etwas weniger wütend als zuvor, der Sprechgesang ist immer noch ein Markenzeichen, soweit mich meine Erinnerung nicht trügt, gibt es mehr „regulären“ Gesang, hinzu kommen diverse Vokal-Samples (z.T. wohl aus Filmen), die Gitarren sind nicht omnipräsent, dafür aber phasenweise enorm effektiv, die schon angesprochenen Streicher ebenfalls, ab und zu verwenden sie Synthies oder Bläser (punktuell, aber wirkungsvoll). Remi Kabaka von den Gorillaz spielt übrigens eine größere Rolle. (detlev von duhn)
Und eine zweite Meinung zum zweiten Album:
Der Hype ist etwas abeklungen, Zeit für ein zweites Album von Yard Act aus Leeds. Das Debüt fand ich gelungen, richtig euphorisch war ich aber nicht. Klar, die Stimme ist toll, der Drive beeindruckend. Aber die Masche mit dem (mehr oder weniger) Sprechgesang (nicht Rap) wirkt mittlerweile doch etwas beliebig. Haben die Burschen vielleicht auch gemerkt und bringen diesmal recht vielseitige Klänge ins Spiel, was mehr Abwechslung rund um den cool deklamierenden James Smith ergibt. Das Album entstand gemeinsam mit Gorillaz-Mitglied Remi Kabaka Jr. und präsentiert eine große stilistische Bandbreite in technisch souveränem Produktionsdesign. Hier treffen Twanggitarren auf Dubvibe, Gospelfülle auf Radioschnipsel, Scratches auf Punkfunk-Bass. Indeed, das ist sehr kurzweilig und abwechslungsreich, oft auch satt tanzbar vielleicht aber auch ein bisschen überladen? Gepitchte Stimmen und kosmisches Blubbern, HipHop-Beats und Streicher, P-Funk und Kinderchor das gibt es hier alles. Das Ganze hat teils fast schon Hörspielcharakter und alles gerät ein wenig durcheinander. Bei so viel Oberfläche gehen die Songs schnell verloren, auch kommen mir Yard Act nicht mehr so wütend vor. „Where's My Utopia“ liegt deutlich näher an Beastie Boys, Fatboy Slim und Gorillaz als an Mark E. Smith oder Sleaford Mods letzteres wäre mir ja lieber gewesen. (Joe Whirlypop)
Tracklisting
1. An Illusion< |
>2. We Make Hits< |
>3. Down By the Stream< |
>4. The Undertow< |
>5. Dream Job< |
>6. Fizzy Fish< |
>7.Side B: Petroleum< |
>8.When the Laughter Stops< |
>9. Grifter’s Grief< |
>10. Blackpool Illuminations< |
>11. A Vineyard for the North |
noch mehr von Yard Act