Pixies - Doggerel (DeLuxe Edition)
Rezension
Deluxe Verpackung, CD im "hardback-book cover".
Ein neues Album, ihr achtes, ist für 30.09. angekündigt. Im Plattenfirmeninfo liest man: "Doggerel klingt reifer und dabei kein bisschen weniger (ein-)dringlich: Abgründiger Folk-Sound trifft auf opulenten Ballroom-Pop und brutalen Rock ...Auf dem neuen Album vermählen Pixies immer wieder Abgründiges und Schönes: „Haunted House“ erzählt über einem Pop-Fundament mit Fifties-Einschlag von Geistern, die mal metaphorisch, mal sehr real wirken; der introspektive Wüstenrock von „Vault Of Heaven“ erinnert an Morricone, und der „Pagan Man“ kommt vergleichsweise leichtfüßig mit seiner Folkrock-Melodie daher. Andererseits haben Pixies immer noch dieselbe Härte, dieselbe zügellose Energie: Das hört man im surrealistischen Rundumschlag „Nomatterday“ oder dem an The Who erinnernden Nachdruck von „Dregs Of The Wine“, was ganz sicher der erste und letzte Song dieser Band sein dürfte, in dem sogar Van Halen namentlich genannt werden.
Anstatt im Studio erste Ideen zu entwickeln, brachte Black Francis gleich 40 fertige Songideen mit zu den Sessions. Los ging's Ende 2021 zusammen mit dem Produzenten Tom Dalgety (Royal Blood, Ghost): Dalgety und Francis arbeiteten erst in Massachusetts, um dann nach L.A. weiterzuziehen, wo die eigentlichen Aufnahmen mit der gesamten Band stattfanden.
Trotzdem steuerten auch die anderen Bandmitglieder wichtigen Input zu den Sessions bei: Zum ersten Mal steht etwa auch Santiago bei zwei Stücken als Songwriter in den Credits und zwar für Komposition („Dregs Of The Wine“) und für Lyrics („Doggerel“). Der Schlagzeuger David Lovering und die Bassistin Paz Lenchantin liefern dazu ein extrem druckvolles Fundament kein Wunder: auch sie betonen beide, dass die veränderte Herangehensweise vollkommen neue Energien freigesetzt hat.
Während „Indie Cindy“ (2014) als indirekte Fortsetzung der frühen Meilensteine „Bossanova“ (1990) und „Trompe Le Monde“ (1991) gelten durfte, und der Nachfolger „Head Carrier“ (2016) ein paar der düsteren Melodien von „Surfer Rosa“ (1988) und „Doolittle“ (1989) zurückbrachte, sind das zuletzt veröffentlichte Album „Beneath The Eyrie“ (2019) und das kommende „Doggerel“ zwei Longplayer, die jede Art von Erwartung oder Tradition aushebeln und transzendieren. Man hört diesen Alben zwar an, dass die DNA der Pixies in ihnen steckt aber anstatt sich diesem Erbe zu sehr verpflichtet zu fühlen, markieren sie vor allem einen nächsten Schritt.
Und so hört's unser Rezensent:
Das letzte Album kenne ich nicht, gegenüber den ersten beiden Comeback-LPs jedenfalls gibt es signifikante Unterschiede, zu ihren alten Meisterwerken ebenfalls. Klar sind ab und zu deutliche Parallelen zu letzteren hörbar (dann jedoch bevorzugen sie die poppigste Gangart von damals, und weitgehend ohne die massiven laut-leise-Kontraste), aber schon die Instrumentierung macht den Wandel deutlich: Bei über der Hälfte der Stücke werden akustische Gitarren partiell den elektrischen zur Seite gestellt, bei einem Drittel tauchen Keyboards/Synthies auf. Nicht, daß die dominant wären, trotzdem… Sie bauen plötzliche Stil- und Tempo-Brüche mitten im Song ein (in einem Fall: Aus Post Punk-Nähe wird beinahe schon Power Pop, wobei beide Teile mit feiner Melodik glänzen, einmal die Vocals, einmal die Gitarren; im anderen kombinieren sie Anklänge an die Who mit hartem dynamischem Rock, abermals Post Punk, eher Pop-bezogene Melodien und ruhigen atmosphärischen Klängen), klingen hier konventioneller als gewohnt (mehrfach, u.a. in Form von leicht gebremstem Rock bzw. old-fashioned Melodic Rock, mal handfest, mal relativ entspannt in Richtung Pop Rock), weisen dort (zwei Mal, wenn auch jeweils nur phasenweise und nicht in massiver Weise) gar eine Tendenz zum Folk Rock auf (im Kontext von 70s-Rock oder in den eingeschobenen ruhigen Parts, begleitet von Pop-Anklängen im Refrain). „Klassischer“ Indie Rock kommt hinzu (melodiereich auf 2 Ebenen, siehe oben), sowie temporäre Annäherungen an College Rock ca. 1990, zwischendurch von schön elegischen Gitarrenmomenten gewürzt. Insgesamt: Mehr Melodie als zuvor, mehr Abwechslung, einige Tracks entfernen sich doch recht weit von ihren üblichen Sounds. Was nicht zwangsläufig schlecht ist… Deluxe-CD im Hardcover-Book. (detlev von duhn)
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