The National - Sleep Well Beast
Rezension
In fast zwei Jahren der gemeinschaftlichen Kreativ-Arbeit schuf das bemerkenswerte Quintett ein prächtiges Pop-Panoptikum, das einem ganz nebenbei den Glauben an das Gute & Bleibende in der Musik zurückgibt. Die lange Entwicklungsphase ließ dabei ein aus allen Nähten platzendes Phantasiereich entstehen, dass bei aller Vielfalt und schichtigkeit in bemerkenswert luftigen Arrangements daherkommt, wobei die Mannigfaltigkeit der instrumentalen Ideen, die Vielzahl der dabei überquerten Genre-Grenzen irgendwann zweitrangig wird, derart organisch werden hier auch konträre Stil-Schranken und Mittel überschritten und vereint. Vom naturbelassen-prägendem Piano bis hin zum plötzlichen gitarristischen Wutausbruch, von artifizieller Handwerkskunst bis zu irisierender Elektronik, von akustischer Feinarbeit über holperige Hemdsärmeligkeit bis zur klangvollen Keyboardfülle reichen die Bausteine zu diesem endlosen und eckenreichen Phantasie-Palast, der ganz nebenbei die Türen zu 40 Jahren gelebter und genossener Pop-Geschichte öffnet und harmonieseligen Brit-Pop mit aggressiven Independent-Rock, klaustrophobische Kleinkunst mit reifer Roxy Music-Eleganz, verletzliche Alternative-Fragilität mit progressiver Wucht, New Wave-Wut mit ausgefeilter Talk Talk-Melancholie vermischt, um daraus ein unendlich vielfarbig schillerndes Klang-Kaleidoskop zu erschaffen. Geprägt und getragen von einem Gesang, der Lambchop-Lakonie und gelassenes Gefühl mit einer Spur tragischer Tindersticks-Tiefe vermischt, dabei aber nie das Lächeln aus dem Mundwinkel verliert, entsteht so eine seligmachende Song-Kollektion in melancholisch Moll, ein ausgefeilter Altar zu Ehren des phantasieprallen Pop. Nicht nur für The National ein herausragendes Werk, das als siebtes Album in der Bandgeschichte sich zu ihrem wirkungsvollsten entwickeln könnte. (cpa)
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