Rezension
Nun auch auf Vinyl! Das neue Jahrzehnt fängt gut an. Mit dem für meinen Geschmack ganz klar besten Glitterhouse-Act seit 16 Horsepower. Glitterhouse goes Africa! Ich bin begeistert! Von der Tatsache als solcher - und von der Musik erst! Chris Eckman entdeckte die junge Touareg-Band aus Mali, jammte mit ihnen, produzierte dieses Debut, mixte es und gastiert auch (genauso wie Hugo Race; im Gegenzug spielt Tamikrest auf der nächsten Dirtmusic).
Der Sound ist, grob gesagt, ein Mix aus Nord- und West-Afrika sowie Rock, ganz ähnlich, und tatsächlich mindestens so gut wie Tinariwen, wichtigster Einfluß der Gruppe – für westliche Ohren ziemlich problemlos zu goutieren (D. Fricke vom US-Rolling Stone schrieb zu Tinariwen: „…riffs that sound like a dream come true: Keith Richards, Ry Cooder & Ali Farka Toure picking side by side under an unforgiving sun“). Die neben dem Gesang (teils Chören) komplett dominanten (fast ausschließlich elektrischen) Gitarren klingen jedoch insgesamt noch etwas rockiger, „westlicher“, auch vielfältiger als bei ihren Vorbildern, werden mit mehr Effekten angereichert, teils incl. kurzer Rock´n´Roll- oder Blues-Figuren (dessen Wurzeln ähnlich wie bei Ali Farka Toure hier und da zu spüren sind – „Desert Blues“), 1x erinnert´s fast an die Stones, auch wirken die wunderbar rollenden (Offbeat-) Grooves oft (nicht immer) direkter, einfacher. 3 Gitarristen gehören zur Band, die sowohl geschickt und spannend verwobene Läufe als auch immer wieder sehr schöne Motive sowie gleich 3x massiv Reggae-lastige Riffs produzieren; der Leader ist fabelhaft. Soli (wenn überhaupt) sind kurz, durchdacht, ökonomisch. Ungemein stark kommt der Bass, das kenne ich sonst nicht so bei dieser Art Musik.
Zu den Highlights zählen 3 wunderbare recht ruhige/zurückgenommene und atmosphärische Stücke, 2 davon in langsamem Tempo, die v.a. durch die hier eher filigran-verwehten, heulenden bzw. slidenden oder rückwärtslaufenden Gitarren eine deutlich psychedelische Note bekommen. Beim mit dezentem Orgel-Backing von Eckman angereicherten etwas längeren „Aratane N´Adagh“ hört man die Wüste förmlich – herrlich! Fantastisch und mit relativ „modernem“ Anstrich ist auch „Aicha“ mit seinem heavy Bass, schwerem fast Dub-artigen Groove, dem so typischen Tirilieren, superben Gitarren, einer klasse Melodie; auch hier schleichen sich psychedelische Untertöne ein. Fast genauso toll: „Tidite Tille“, richtig catchy.
Auch wenn das Jahr noch sehr jung ist: Mit Sicherheit wird dieses Werk in meiner Jahres- Top-10 2010 auftauchen! Und ich freue mich riesig auf ihren Auftritt beim OBS. (dvd)
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