Steiner & Madlaina - Risiko
Rezension
Ironische Postkarten aus dem „Paradies“: Steiner & Madlaina kündigen mit ihrer ersten Single das dritte Studioalbum „Risiko“ an.
Ein Hauch von Glamour durchweht die neue Single von Nora Steiner und Madlaina Pollina alias Steiner & Madlaina. Spätestens im Refrain hat man sein Herz an sie verloren und am liebsten einen guten Wein in der Hand: „In meinen Garten Eden werden niemals Bomben fallen / Willkommen im Paradies lasst die Korken knallen“, singt Nora, während Madlaina und der Rest der Band die Stimmung mit einem stoischen Rhythmus anheizen, bevor Nora ganz gönnerhaft und mit dem in der Stimme, was der Brite „sneer“ nennt (und die Deutschen noch nicht adäquat übersetzt haben) singt: „In meinem Garten Eden wachsen nur Orangenbäume / Wo der Rotwein fliesst, da sind gute Leute.“ Eine Line, die Hymne schreit. Die man mit den besten Freund:innen in einer lauen Sommernacht auf einer üppigen Dachterrasse in Zürich in die Nacht schmettern will. Was auch ungefähr das Setting ist, in dem Nora diese Zeilen zuerst einfielen. Wer jetzt aber befürchtet, man habe Steiner & Madlaina an den wohlstandsverdorbenen Eskapismis-Deutschpop verloren, kennt die Schweizer Band schlichtweg nicht gut genug. Denn der Impuls für „Paradies“ ist ein anderer: Es ist natürlich kein Auf-die-Armen-Scheißen, es ist kein Ausblenden der Kriege der Welt, es ist eher das tanzende schlechte Gewissen und der Abgesang auf all die laut Jammernden, denen es noch so viel besser geht als dem Rest der Welt, die aber mit ihrem Klagen den meisten Raum einnehmen.
Nora, die den Song geschrieben und mit Madlainas Feedback feingeschliffen hat, erklärt: „‘In meinem Garten Eden werden niemals Bomben fallen. Willkommen im Paradies. Lass die Korken knallen.‘ Irgendwie kam mir dieser Satz zuerst in den Sinn und ich fand ihn auf bittere Weise lustig. Vor allem mit Blick auf unser Leben hier: Man sitzt in der Schweiz, ist jung, hat keine Sorgen. Ich habe eine riesige Dachterrasse, und wir haben da wirklich unfassbar viele Feste gefeiert in diesem Sommer `21.“ Den Dreh in die christliche Mythenwelt zu verstärken, war dann Madlainas Idee. Dazu muss man wissen: Auch wenn die beiden ihre Songs getrennt voneinander schreiben und selbst singen, sind sie am Ende ein Teamwork-Ergebnis. Nora und Madlaina schicken sich immer wieder Sprachnotizen und Teile der Lyrics zu und schätzen nichts so sehr, wie den kritischen Blick der anderen auf ihr Handwerk. Die letzte Zeile knallt dann noch mal besonders, hier singt Nora: „In meinem Garten Eden wachsen nur Orangenbäume / Keine Sünde weit und breit, Eva isst was ihr gefällt.“ Und erklärt: „Die Zeile war Madlainas Idee, ich fand sie super, weil sie auch noch mal klarstellt, dass es nicht religiös gemeint ist.“ Das habe ihr nämlich mal jemand nach einem Konzert gesagt. „Ich war völlig perplex und meinte nur: ‚Hä? Man merkt doch, dass das total ironisch und sarkastisch gemeint ist.“ Außerdem sagt Nora: „Der maßgebliche Inhalt ist einfach, dass wir Schweizerinnen sind und die letzten Jahre wieder mal auf den Punkt gebracht haben, was wir hier für ein Privileg leben. Dass man dabei auch mal ein schlechtes Gewissen hat, ist eh klar. Und dass uns das nie loslassen wird, ist auch klar.“
„Paradies“ lebt aber nicht nur dank seines starken Textes, sondern auch dank des unmittelbaren, kraftvollen Sounds. Nora und Madlaina haben sich für die Aufnahmen der zwölf Songs des neuen Albums neun Tage lang mit ihrer Band in das französische „Black Box Studio“ in der Normandie zurückgezogen. Dort wurden alle Takes live eingespielt und von Giuliano Sulzberger produziert. Wie schon auf dem Album davor, waren Leonardo Guadarrama (Schlagzeug), Nico Sörensen (Bass) und Max Kämmerling (E-Gitarre) dabei. Und auch, wenn in Sachen Songwriting und Sound Nora und Madlaina das Sagen haben, hört man den Bandspirit und das Gemeinschaftsgefühl in jeder Sekunde. Wie präsent die guten Vibes und die guten Leute waren, spürt man deutlich, wenn Madlaina von dieser Zeit schwärmt: „Die Basic Tracks haben wir dort aufgenommen. Drums, Bass, Gitarre, das Klavier auch. Da stand ein wunderschönes Klavier, das wir benutzen durften. Wir hatten die Songs vorher schon so vorbereitet, dass wir sie in neun Tagen – oder eigentlich acht, weil einer für den Aufbau drauf ging – alles einspielen konnten. Ich muss sagen, das war eine der besten Zeiten, die wir als Band erlebt haben. Wir haben alle in einem Raum geschlafen und Giuliano hat einen perfekten Job gemacht, vermutlich weil auch er ein guter Freund von uns ist und auch in unserem Alter.“
„Paradies“ ist der erste Vorbote des neuen Albums „Risiko“, das am 14. April 2023 erscheinen wird. Zwölf Songs sind drauf und auch wenn wir noch nicht viel mehr verraten dürfen, kann man schon jetzt anteasen: Steiner & Madlaina sind weiterhin in Bestform.
Tracklisting
1. Wahre Liebe< |
>2. Paradies< |
>3. Ich will dich< |
>4. Engel am Hauptbahnhof< |
>5. Unter Uns< |
>6. Das will ich sehn< |
>7. Mama Liebe< |
>8. Man tut was man kann< |
>9. Besser wird's nicht< |
>10. Von der Ewigkeit< |
>11. Folge Mir< |
>12. Ich blibe und du gahsch |
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