Rezension
Das Timing hat gestimmt: Fünf Jahre früher wäre zu früh gewesen, fünf Jahre später zu spät. Aber ANNEXUS QUAM aus Kamp-Lintfort bei Düsseldorf spielte die richtige Musik im richtigen Moment. Die siebenköpfige Band entstand 1967 als Ambition Of Music; sie war, was man damals eine "Beatgruppe" nannte. Die Zusammenarbeit mit einem örtlichen Posaunenchor führte 1970 zu einem dramatischen Richtungswechsel. Posaune, Klarinette, Saxophon, textloser Gesang, diverse Percussion, selbst eine Fahrradpumpe oder eine unterhalb des Stegs gespielte Gitarre fanden den Weg in die Band.
ANNEXUS QUAM führte auf einmalige Art zwei Musikgenres zusammen: Rock und Free Jazz, aber beides spielte die Gruppe anders als man es bis dahin gehört hatte. Elemente des Psychedelic Rock mit schweren Orgelklängen verbanden sich mit frei hingetupften Bläsern, gleichzeitig war die Band näher bei Stockhausens Konzept "Intuitiver Musik" als an den expressiven Gruppenimprovisationen der damaligen Free-Jazzer. Die Genrebezeichnungen klingen bekannt, aber ANNEXUS QUAM füllte sie mit neuer Bedeutung. Es gibt in der Musik ANNEXUS QUAMs kaum formale Strukturen, die Musiker steuern den Ensembleklang intuitiv durch gegenseitiges, konzentriertes Zuhören. Aber das freie Spiel ist nicht uferlos. Nicht alle Musiker müssen immer gleichzeitig spielen, hier sind auch die Pausen von Bedeutung. Bei aller Freiheit bleiben die Stücke nachvollziehbar. Das macht bis heute ihren Reiz aus.
Das Album wurde 1970 von Julius Schittenhelm produziert. HaGü Schmitz und Dieter Wegner haben OSMOSE erstmalig mittels der originalen Magnetbändern remastered.
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