Rezension
Seine Alben sind seit einiger Zeit etwas „inkonstant“, sowohl stilistisch als auch qualitativ und was die Begleitmusiker betrifft. Vorbei sind die Zeiten, in denen eine „neue Murray“ gleichbedeutend war mit Vorfreude und der Sicherheit, ein weiteres superbes Werk zu hören. Ich weiß nicht, ob dieses, sein neues (und junges) Quartett, von Dauer sein wird (oder selbiges wenigstens so geplant ist), aber es würde mich sehr freuen: Die Musiker sind nicht übermäßig bekannt, aber ganz exquisit, agieren durchweg auf enorm hohem Level (und alle bekommen Raum, das unter Beweis zu stellen, sprich für Soli, besonders das Piano von Marta Sanchez weiß immer wieder zu glänzen). Murray macht wieder das, was er am besten kann (und es gibt ja kaum jemanden, der ihm in dieser Beziehung gleich kommt), er bewegt sich wie selbstverständlich zwischen Tradition und Free Jazz, verbindet beides völlig bruchlos und organisch - wobei der freie Aspekt fast ausschließlich seine immer wieder grandiosen und ausgiebigen Soli betrifft (neben dem Tenor-Sax spielt er 2x seine unnachahmliche Bass-Klarinette), die rhythmische Basis zum Beispiel bewegt sich zwischen Swing (auch mal etwas komplexer) und Groove in mehr oder weniger eindeutiger Ausprägung, mehrfach schleichen sich afrokaribische/Latin-Elemente dabei ein (eine kleine Prise Blues auch, eher unterschwellig). Heißt: Wir hören (Post) Bop in „offener“ variabler Form, inklusive Hard Bop-Phasen und zuweilen modalem Flair, manchmal mit enormem Drive und/oder (dezentem!) Funk-Einfluss, wenigstens zweimal erinnert mich das an die avancierten Früh-60er, als der herkömmliche Bop erweitert/aufgebrochen wurde. Ach ja: Latin Jazz in gewohnter Weise kommt jedenfalls nicht vor. Einiges klingt regelrecht lustvoll! Zudem ungemein agil, lebendig, oder elastisch, gleichsam „tanzend“. Und besitzt phasenweise beträchtliche Power. Harmonische Wagnisse sind der Band nicht ganz fremd. Vor allem aber gilt es, seine neu/wieder entdeckte kompositorische Klasse hervorzuheben (mit einer Ausnahme, einem Cover von Don Pullen, stammt das Material von ihm), viele Nummern besitzen eine außergewöhnliche Melodiosität! Die, wie angedeutet, plötzlich in freie Ekstase umschlagen kann. Das Ergebnis begeistert mich immer wieder aufs Neue, eine große Empfehlung kommt dabei raus. (detlev von duhn)
Tracklisting
1 Francesca 10:54< |
>2 Ninno 10:03< |
>3 Shenzhen 7:09< |
>4 Come And Go 6:42< |
>5 Am Gone Get Some 6:09< |
>6 Richard's Tune 6:21< |
>7 Free Mingus 7:58< |
>8 Cycles And Seasons 8:51 |