Amaro Freitas - Y'Y ("eey-eh, eey-eh")
Rezension
Ein brasilianischer Pianist, ein herausragendes Album, wahrhaft hochkarätige Musiker. Und ausgesprochen naturverbundene Musik (dem Amazonas-Gebiet gewidmet), die gelegentlich Neuland erkundet, in oft faszinierender Atmosphäre.
Es beginnt mit einer zarten wunderbaren Miniatur aus bunter luftiger Percussion und bezaubernden Piano- und Flöten-Tupfern. Sodann paaren sich verspieltes leichtfüßiges wie akzentuierendes und rhythmisch strukturierendes Piano mit partiell hämmerndem Saiteninstrument (das in Wahrheit vielleicht auch ein manipuliertes Piano ist?) wie manches hier Polyrhythmik in organischer bestechender Form, glänzend gespielt, Jazz-informiert, aber kein richtiger Jazz. Entspannter Dschungel folgt, ein bisschen Geklöppel, Tierstimmen, ein spiritueller friedvoller sanfter Überbau (eine Flöte, die in diversen Stücken auftaucht und manchmal verzaubert, bedient übrigens teilweise von Shabaka Hutchings!), ehe einer der großen Höhepunkte einsetzt, zugleich einer der beiden langen Tracks (insgesamt sind es 9): Ein zunächst fast meditativ wirkendes aber zugleich agiles/bewegungsreiches polyrhythmisches feinziseliertes Gespinst aus Percussion und variablem fantasievollem Piano, das Elemente aus Minimal Music, „Ethno-Folk“ und freigeistigem Jazz originär vereint, mit der Zeit immer kraftvollere Akzente setzt, sogar kurzzeitig Klassik-Avantgarde belehnt, in Verbindung mit Free Jazz, der sich schließlich durchsetzt, um in perlendem von ein paar gewaltigen Akkorden gewürztem Fluss auszuklingen berauschend! „Sonho Ancestral“ atmet afrikanischen/afrobrasilianischen Geist, ein lebhaftes teils perlendes Piano (mit, nicht ausschließlich, jazziger Note) trifft kontemplative farbige Schlaginstrumente, dem sich das Piano dann annähert, etwas poetisch eingefärbt, um an Tempo zwischendurch stark zuzulegen (ohne hektisch zu agieren). Der Titeltrack könnte als in Freiheit ideenreich zwischen spirituellem Geist, in sich ruhenden Klängen und wirbelnden Momenten changierender „World Jazz“ durchgehen, die Flöte brilliert, die Atmosphäre ändert sich stetig, wobei Flöte, Piano, differenzierte Percussion und klangmalende Vocals immer wieder anders kooperieren. Zwei ganz ruhige sachte beinahe schöngeistige Ausflüge in Brasil Jazz-Kontemplation (einer mit der Harfe von Brandee Younger, einer mit Jeff Parkers Gitarre) beruhigen wieder alles. Das zweite lange Stück schließlich, das als einziges Drums (ein alter großer Meister: Hamid Drake!) und Bass einsetzt, geht in Richtung ziemlich klassischer temporeicher teils tänzelnder Latin Jazz-Jam mit viel glänzend ausgekosteter Solo-Freiheit für Piano und Flöte. Superbe Musik, große Empfehlung. (detlev von duhn)
Tracklisting
1. MAPINGUARI (ENCANTADO DA MATA)< |
>2. UIARA (ENCANTADA DA AGUA) - VIDA E CURA< |
>3. VIVA NANá< |
>4. DANÇA DOS MARTELOS< |
>5. SONHO ANCESTRAL< |
>6. Y'Y< |
>7. MAR DE CIRANDEIRAS< |
>8. GLORIOSA< |
>9. ENCANTADOS |
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