Omniversal Earkestra - Le Mali 70
Rezension
Eine Bigband aus Berlin macht sich auf den Weg nach Mali um die legendären Musiker aus dem Mali der Siebziger Jahre und ihre Musik live zu erleben. Was daraus entstand ist das Projekt LE Mali70.
Das OMNIVERSAL EARKESTRA ist eine Bigband aus Berlin, bestehend aus zwölf Bläsern plus Bass und Schlagzeug. Jeden Montag - seit mittlerweile acht Jahren - zelebriert die Band auf einer Berliner Underground-Bühne eigene Kompositionen und Standards stilbildender Bigbands von Duke Ellington über Sun Ra bis Fela Kuti. Die einzelnen Musiker sind in verschiedenen renommierten Formationen der deutschen Jazz- und Klassikszene verankert und bringen dadurch ganz unterschiedliche musikalische Einflüsse und Ideen, Arrangements und Kompositionen mit, die bei diesem Bigband-Projekt mit mächtigem Schalldruck und großer Virtuosität auf die Bühne gebracht werden.
Als dann Sounds der Bigband-Epoche aus dem Mali der siebziger Jahre ins Repertoire gelangten, war für die Band sehr schnell klar, in dieses westafrikanische Land und die Quelle des Afrobeat, zu den alten malischen Meistern zu pilgern. Mit einer Förderung durch den TURN-Kulturfonds ging OMNIVERSAL EARKESTRA auf Tour quer durch Mali, wo sie legendäre Musiker wie Cheick Tidiane Seck, Sory Bamba, Abdoulaye Diabaté und Salif Keita trafen. Während der Reise zu den Heimatorten der heute in der westlichen Welt nahezu vergessenen Bands wie der Mystère Jazz de Tombouctou, der Kanaga de Mopti, der Super Bitons de Segou und der Railband aus Bamako entstanden eigenwillige moderne Bigband-Arrangements der alten Stücke, die in der Abschlusswoche im ehrwürdigen Moffou-Studio von Salif Keita gemeinsam aufgenommen wurden.
Unser Rezensent über das Album:
Eine sehr spezielle Band aus Berlin (mit 12 Bläsern v.a. aus verschiedenen Jazz-Szenen + Rhythm Section), die live neben Originalen Sun Ra (klar, schon im Namen der doppelte Bezug), Mingus, Ellington, aber auch Fela Kuti und zunehmend Bands aus dem Mali der 70er, z.B. die legendäre Rail Band, coverten. 2019 gingen sie auf Tour in Mali, spielten mit alten Meistern, darunter mehreren ex-Mitgliedern eben jener Rail Band, sogar dem großen Salif Keita himself (in dessen Studio anschließend diese LP entstand, 2x singt er), sowie z.B. Cheikh Tidiane Seck, Abdoulaye Diabate. Die Mali-Musiker sorgen für E-Gitarre, Percussion, mal ein E-Piano. Extravaganzen/freie Ausbrüche sucht man vergebens, der Jazz-Aspekt kommt ähnlich wie bei Fela v.a. durch die Bläser-Soli zur Geltung, hier aber auch oft (nicht immer!) qua Arrangements. Groove wird groß geschrieben, basiert (wie die ganze Musik) natürlich auch, aber nur selten pur auf den malischen Traditionen (der 70er), eine wichtige Rolle spielt recht oft Afro Beat! Insgesamt kommt eine Melange aus beidem heraus, ab und zu wird´s sehr funky, das einzige ruhigere Stück baut massiv auf kubanischen Einfluß (wie ja um 1970 herum vieles aus Mali/West-Afrika), der sonst eher selten (und dezent) aufblitzt. Auf Tempowechsel verzichten sie meist, viel Abwechslung entsteht durch den Aufbau der Songs, ständig veränderte Abläufe von vollen (höchst kompetenten) Bläser-Arrangements, Bläser-Soli (teils mehrere, teils eines, sporadisch zudem solche von E-Gitarre oder E-Piano), Solo-Gesang (ausschließlich Afrikaner, mehrfach klasse, nicht nur Keita!), hier und da Chören, selbst eine quasi Call/Response-Phase von Solo-Gesang und vollem Gebläse kommt vor. Und manchmal fehlen Jazz-Elemente fast komplett (u.a. zugunsten effektiver scharfer Bläser-Riffs). Ausgezeichnet! (detlev von duhn)