Rezension
Erst im Frühjahr wurde Laurie Anderson für ihr Lebenswerk mit dem Grammy Lifetime Achievement Award 2024 ausgezeichnet, nun hat die ikonische US-Künstlerin die Veröffentlichung eines neuen Albums angekündigt. Es trägt den Titel »Amelia«, erscheint über Nonesuch Records und ist ihr erstes seit »Landfall« im Jahr 2018, das im Folgejahr ebenfalls mit einem Grammy ausgezeichnet wurde.
»Amelia«, der Titel ihres neuen Albums, bezieht sich auf die berühmte Flugpionierin Amelia Earhart. Auf den 22 Tracks des Albums widmet sich Anderson ihrem tragischen letzten Flug im Jahr 1937. Anderson, die laut Pitchfork »die Zukunft sieht, aber zunächst aufmerksam auf das achtet, was sie umgibt«, schrieb Musik und Texte für dieses subjektive Erzählwerk. Auf dem Album wird sie von dem tschechischen Orchester Filharmonie Brno unter der Leitung von Dennis Russell Davies begleitet, außerdem wirken die Künstler:innen Anohni, Gabriel Cabezas, Rob Moose, Ryan Kelly, Martha Mooke, Marc Ribot, Tony Scherr, Nadia Sirota und Kenny Wollesen mit.
Earhart war eine leidenschaftliche Pionierin der frühen Luftfahrt und erlangte Berühmtheit als erste Frau, die den Atlantik überquerte. 1932 war das – und fünf Jahre später brach sie zu einem Flug um die Welt auf. Ihr Ziel: Als erster Mensch die Erde am Äquator zu umrunden. Es sollte eine Reise ohne Wiederkehr werden, denn ihr Flugzeug verschwand spurlos und wurde trotz einer gigantischen Suchaktion – 64 Flugzeuge und 8 Kriegsschiffe waren an der bis dahin größten in der Geschichte der Luftfahrt beteiligt - nie gefunden. »Die Worte in ›Amelia‹ sind inspiriert von ihren Pilotentagebüchern, den Telegrammen, die sie an ihren Mann schrieb, und meiner Vorstellung davon, worüber eine Frau, die um die Welt fliegt, nachdenkt«, sagt Anderson. Fans der Künstlerin werden wissen, dass es das Projekt schon seit vielen Jahren gibt. Es wurde bereits im Jahr 2000 in der New Yorker Carnegie Hall uraufgeführt und war zuletzt in aktualisierter Form an verschiedenen Orten in Europa zu sehen.
Laurie Anderson leistet seit mehr als vier Jahrzehnten kreative Pionierarbeit und gilt nicht umsonst als eine der bekanntesten – und mutigsten – zeitgenössischen Künstlerinnen Amerikas. Ihr Werk, das Musik, bildende Kunst, Poesie, Film und Fotografie umfasst, fordert und begeistert ein weltweites Publikum immer wieder aufs Neue. In einem kürzlich erschienenen »60 Minutes«-Profil sagte Anderson Cooper, sie sei »eine Pionierin der Avantgarde, aber ... das beschreibt nicht annähernd, was sie schafft. Ihre Werke werden nicht in Galerien verkauft. Sie werden vom Publikum erlebt, das zu ihren Performances kommt: Sie singt, erzählt Geschichten und spielt seltsame Geigen, die sie selbst erfunden hat... Sie mischt das Schöne mit dem Bizarren, fordert das Publikum mit Predigt und Humor heraus. Sie verwischt die Grenzen zwischen Musik, Theater, Tanz und Film«. Die Washington Post stellte fest, sie »erzählt nicht einfach nur Geschichten, sondern zieht jedes Wort mit geradezu physischem Vergnügen hervor und probiert, wie es schmeckt, während sie die alltäglichen Geheimnisse des Lebens erforscht«. Der Guardian nennt Anderson schlicht »eine der großen bekannten Künstlerinnen und Geschichtenerzählerinnen unserer Zeit«.
Ihr erstes Nonesuch-Album, das von der Kritik gefeierte »Life on a String«, veröffentlichte Anderson 2001. Es folgten auf dem Label unter anderem »Live in New York« (2002), »Homeland« (2010), der Soundtrack zu Andersons gefeiertem Film »Heart of a Dog« (2015) und ihre mit einem Grammy ausgezeichnete Zusammenarbeit mit dem Kronos Quartet »Landfall« (2018). Darüber hinaus gewann Andersons Virtual-Reality-Film »La Camera Insabbiata« mit Hsin-Chien Huang den Preis in der Kategorie »Best VR Experience« bei den Filmfestspielen in Venedig 2017. 2018 veröffentlichte Skira Rizzoli ihr Buch »All the Things I Lost in the Flood: Essays on Pictures, Language and Code«, die bisher umfangreichste Sammlung ihrer Kunstwerke.
Zu den jüngsten Ausstellungen und Installationen von Andersons Werken zählen »Habeas Corpus« in der Park Avenue Armory in New York, ihre bislang größte Ausstellung »The Weather« im Smithsonian's Hirshhorn Museum of Modern Art in Washington, D.C., und ihre bis dato größte Ausstellung in Europa, »Looking into a Mirror Sideways im Moderna Museet« in Stockholm. Zuletzt war Anderson mit Sex Mob auf Tournee und präsentierte ihr Stück »Let X=X«. Anfang dieses Jahres erhielt sie gemeinsam mit Christopher Nolan und David Attenborough die Stephen Hawking Medal for Science Communication 2024, und die Internationale Astronomische Union benannte ihr zu Ehren einen Kleinplaneten: Asteroid 270588, Laurieanderson.
Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums veröffentlichte Nonesuch 2007 eine neu gemasterte Ausgabe von Andersons bahnbrechendem Album »Big Science« aus dem Jahr 1982, gefolgt von einer Vinyl-Reissue des Albums 2021. Die darauf enthaltene Single »O Superman« ist seit jeher ein Liebling der Fans.
Tracklisting
1. To Circle The World< |
>2. I See Something Shining< |
>3. Takeoff< |
>4. Aloft< |
>5. San Juan< |
>6. Brazil< |
>7. Crossing The Equator< |
>8. The Badlands< |
>9. Waves Of Sand< |
>10. The Letter< |
>11. India And On Down To Australia< |
>12. This Modern World< |
>13. Flying At Night< |
>14. The Word For Woman Here< |
>15. Road To Mandalay< |
>16. Broken Chronometers< |
>17. Nothing But Silt< |
>18. The Wrong Way< |
>19. Fly Into The Sun< |
>20. Howland Island< |
>21. Radio< |
>22. Lucky Dime |
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