Notorische Reflexe - Notorische Reflexe
Rezension
Nach mehreren Dekaden zeitlicher Distanz weiß man bei deutschen Bands mit tendenziell albernen Namen oft nicht mehr, ob es sich um NDW-Schwachsinn oder kühne Avantgarde gehandelt hat. Dieser 1986er-Reissue vom verlässlichen Tapete-Label gehört eindeutig zur zweiten Kategorie und bietet avancierte und innovative 80er-Popmusik aus deutschen Landen. Entstanden im Geist von Punk, musikalisch aber deutlich weiter und im Fall der Notorischen Reflexe aus Berlin auch technisch ausgereift und alles andere als eindimensional oder stumpf. Als Referenzen fallen mir spontan Der Plan, Tödliche Doris, DAF und Krupps ein. Gesungen wird englisch, die Produktion ist aufwändig, der Sound absolut international. Gitarre (Richtung Gang Of Four) gibt es zwar auch, es dominieren aber elektronische Elemente von Samples bis hin zu harten, tanzbaren Sequencer-Beats. Beim Reflexe-Klassiker „Breshnev-Rap“ wurde eine Rede des knorrig-sowjetischen Kalten Kriegers mit eckigem Groove unterlegt und mit schrägem Sax-Getröte verziert eine lustige Novelty-Nummer, durchaus funky. Überhaupt steckt hier häufig ein etwas abstrakter Funk-Vibe mit drin, was deutlich an überwiegend britische Vorbilder aus der Postpunk-Szene verweist: Pigbag (die Bläser!), Pop Group, Rip Rig & Panic und frühe Tuxedomoon klingen hier ebenso durch wie die wildere On-U Sound-Schule von Mark Stewart bis Tackhead oft mit strammem, teils tribalistischem Groove Richtung Funk-Jazz, aber eben auch gerne leicht überdreht mit einer Spur von Postpunk-Hysterie. Insgesamt erweist sich diese Mischung aber auch heute noch als weniger experimentell als vielmehr zündend, was das einzige Album der Notorischen Reflexe zu einer höchst lohnenden Wiederveröffentlichung macht. (Joe Whirlypop)
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