Faber - I Fucking Love My Life
Rezension
Wer vom zweiten Major-Album des schweizerischen Meisters der artifiziell unartigen Arroganz erwartet, dass sich etwas zum Besseren gewandelt hätte, sieht sich getäuscht Faber ist immer noch genauso gut wie zu den Tagen, als mich sein Faber im Wind-Album nahezu unvorbereitet traf, um mich mit boshafter begnadeter Macht zu überrollen. Wie soll dieser erschreckend sprachgewandte, wortreich überraschende, viel zu früh erwachsene Kleinkünstler der großen Gesten auch besser werden, war er doch anscheinend schon seit Geburt groß und scheint sich dieser Wahrheit auch vollauf bewusst. Nicht nur der elegant abgeklärte Umgang mit den Musikstilen, die nonchalante Art des vollweisen Erzählens, das anscheinend angeborene Garantie-Gefühl für schmerzhaft berührende Melodien macht die neue Liebe zum Leben zu einem weiteren großen, fast schon furchteinflößend machtvollen Song-Album; man muss sich wohl von den anhaltenden Alters-Bestimmungsfragen lösen, um den furiosen Faber endlich verstehen zu lernen. Bis dahin ergötzen wir uns an seinen stilreichen, edel-emotional ausgestalteten, schmerzhaft schönen Chanson-Schwarzmalereien, die gleichzeitig Jahrzehnte gewachsener Liedermacher-Geschichte und den nach Protz und Punk riechenden Rotz der Jugend atmet, die Reife der Weisheit und das markerschütternde Erschrecken vor dem Hier und Jetzt in sich vereint. Was die moderne Moritaten-Sammlung aber noch deutlicher macht als der bereits berückend vollmundige Vorgänger, ist die musikalische Vielfalt und Fülle der stil-schillernden Song-Kunstwerke zwischen Chanson und Pop, Latin und Reggae, Barock, Blues und Beat, Jazz und Funk, Oper und Oratorium. Bei aller Mühe des Vertriebes, den wundtief peitschenden Faber-Worten mit erklärend besänftigenden Übersetzungsversuchen die schmerzenden Spitzen zu nehmen, darf man nicht aus den Augen verlieren, dass Julian Polina in den schwarzen Untiefen seiner Seele vor allem auch Musiker ist, und nicht nur mit dem beeindruckendem Hirn, sondern auch spürbar mit ganzem Herzen bei der Sache ist. Der wird nicht besser der bleibt so gut. (cpa)