Billy Strings - Live Vol. 1
Rezension
24er. Ein phänomenales Werk des berauschenden Bluegrass-Musikers, auf jeden Fall in meinen Jahres-Top 10. Live agiert er noch einmal (teils ganz) anders als im Studio (der Output dort besitzt ja schon eine beträchtliche Bandbreite, die letzte LP z.B. war sehr old-fashioned geprägt, die Platte davor ging z.T. weit über Bluegrass hinaus). Er wurde ja eh schon, vollkommen zu Recht, mit Awards überschüttet. Das wird wohl seine Fortsetzung finden.
Es sind nur 8 Stücke hier, aber die bringen es auf knapp 80 Minuten. Die 4 kürzeren bleiben den Traditionen treu, wenn auch in unterschiedlicher Form: 2x klassischer superber Highspeed-Bluegrass mit manchmal dennoch lyrischem Faktor in ebenso klassischer Besetzung, also seine brillante Gitarre, Mandoline, Banjo, Bass und Fiddle, alle das ganze Werk hindurch fabelhaft, melodisch bestechend! Ein pures Banjo-Feature, aber mit Gesang/songorientiert. Und eine kurze mehrstimmige sehr schöne a-capella Zugabe.
2 der 4 langen Stücke sind großartig: Ein Bluegrass-Song (Start und Ende) mit langem bodenständig-kraftvollem Roots-Part, rockig, mehr, oder weniger, die Gitarre und Bass elektrisch, teils recht aggressiv und rhythmisch stark akzentuiert, Blues-Einfluss, kurze Jazz-Spritzer, Westcoast-Guitar-Rock-Flair (10 tolle soloreiche Minuten). Und ein Mix aus „Prog-Bluegrass“ und Songwriter-Country, die Gitarre partiell elektrifiziert, mehrfach zeitweise Rockelemente, sporadisch weitere Jazz-Spuren, im Kontext vor allem von Jam-Rock, der in Soli einige Schärfe bereithält, später psychedelisch wird in ruhiger Art (ein bisschen a la leisen Grateful Dead-Experimenten), gefolgt von Jam-Grass-Tendenz (stellenweise avanciert/harmonisch gewagt, einfallsreich, hinreißende Soli!). 19 (!) Minuten. Bleiben noch die 2, hmm, überirdisch guten Glanzstücke: 13 Minuten „Away From The Mire“, eine wundervolle Gesangsmelodie (Vocals nicht Bluegrass-typisch), deutlich modifizierter Bluegrass zunächst, nach und nach entsteht in 8 Minuten ein völlig individueller Ausflug in psychedelische Gefilde mit totalem Jam-Charakter, filigran wie volltönend, suggestiv/hypnotisch geradezu, flüssig, schnell und organisch, partiell dezent rockiges herrlich verzahntes Zusammenspiel. Nein, es klingt nicht wie Grateful Dead, aber die Parallelen sind beträchtlich nur der Kontext ist ein anderer. Beglückend, hoch hoch fliegend, phänomenal. Genauso grandios: Turmoil & Tinfoil. 21 Minuten. Bluegrass mit faszinierenden z.T. jazzigen Harmonien allüberall, anders als alles Bekannte in dem Genre, traumhaft; was auch auf die Art der ausgiebigen Soli zutrifft (modal?!). Irgendwann dimmen sie stark herunter, und wieder, diesmal aber richtig, erinnern sie an die leiseren, abgedrehten, spacig-psychedelische Grateful Dead (an dieser Stelle feinziseliert und komplett akustisch), bis auf die Instrumentierung natürlich. Dann wird´s furios, mitreißend, teil-elektrisch… Fantastisch. Neben dem herausragenden Spiel aller Beteiligter besticht durchweg auch sein Gesang, voller Feeling und Ausdrucksstärke! Das alles sorgt für ein sagenhaftes Album. Unverzichtbar, in meinen Ohren. (detlev von duhn)
Tracklisting
1. Dust in a Baggie (Live at Mohegan Sun Arena at Casey Plaza, Wilkes-Barre, PA 12/15/23)< |
>2. Away From The Mire (Live at Moody Center, Austin, TX 6/2/23) < |
>3. Long Forgotten Dream (Live at Renewal, Buena Vista, CO 9/22/23)< |
>4. Heartbeat of America (Live at Ryman Auditorium, Nashville, TN 2/25/24)< |
>5. Dos Banjos (Live at La Cigale, Paris, FR 11/14/23)< |
>6. Fire Line > Reuben's Train (Live at Ryman Auditorium, Nashville, TN 2/25/24)< |
>7. Turmoil & Tinfoil (Live at UNO Lakefront Arena, New Orleans, LA 12/31/23)< |
>8. Richard Petty (Live at State Farm Arena, Atlanta, GA 3/1/24) |
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