Tallest Man On Earth - I Love You. It's A Fever Dream.
Rezension
Es scheint mir immer wie ein wahres Wunder, wenn ich ein mir neues, noch unberührtes/ungehörtes Album zum ersten Mal in den Kreis meiner Sinne aufnehmen darf und spüre, wie in Ohren, Hirn und Herz allein durch die Kraft der Klänge die Verbindungen geknüpft werden, sich bereits in den ersten Momenten des Kennenlernens dieses wohlige Gefühl der Vertrautheit einstellt und das Herz sich weit öffnet, um das Werk des Künstlers in seiner ganzen Tiefe erfahren zu dürfen. Dabei scheint es mir als instrumentalem Halbamateur und kompositorischem Voll-Laien noch etwas einfacher, solcherlei spontane Sinn-Berührungen per akustischem Großangriff in Form vielinstrumentaler Rundum-Produktion zu erreichen, wie groß aber muss das musikalische Vermögen des Künstlers sein, wenn er, ausgerüstet nur mit der akustischen Gitarre, etwas wohlgewähltem Beiwerk und seiner verletzlich-brüchigen Stimme, die Seele des verwöhnten Hörers im Sturm zu erobern vermag. Der schwedische Singer-Songwriter Kristian Matsson ist einer dieser wenigen begabten Einzelkämpfer, der sich zwischen zwei Alben auch schon mal 4 Jahre Zeit lässt, um mit allerlei anderen Veröffentlichungswegen zu experimentieren, bevor er sich wieder einem greifbaren Vollwerk zuwendet, um dann mit einem scheinbar leichthändig dargereichten Liederreigen die Sinne derart nachhaltig zu belegen, dass es wie ein wohliges Wunder wirkt. Die zehn vorwiegend balladesk dargereichten Weisen zwischen klassischem Singer-Songwriting und bodenständigem Folk, zwischen akutsicher Nacktheit und beeindruckend groß angelegter Geste, entstanden komplett im Alleingang, wirken aber durch die angenehm hallende Produktion und die gefühlvolle Beigabe wohlgesetzter instrumentaler Glanzlichter sinnerfüllend voluminös. Mit der akustischen Gitarre, gern auch im klassischen Donovan-Folk-Fingerpicking gereicht, im instrumentalen Fokus, sorgt der Einsatz von Mundharmonika, Banjo, kraftvollen Klavierakkorden, Fanfaren und Trompeten für die Weitung des klangvollen Raums, während Matsson mit wundersam attraktiver schneidend-brüchiger Stimme sich in der zerbrechlich-verletzlichen Mitte zwischen dem jungen Dylan, Asaf Avidan und Will Oldham tief in unsere Seele bohrt. Umkost von wenigen, dennoch vollen, sinnwärmenden Klangfarben umgegeben, schenkt er uns in bester Barden-Tradition gefühlvolle, von berührenden Melodien getragene Geschichten, die das Album bereits nach nur wenigen Durchläufen zu einem guten, ja geliebten Freund werden lassen. Ein Werk wie ein Wunder. (cpa)
noch mehr von Tallest Man On Earth