Tom Skinner - Voices Of Bishara Live At "MU" (ltd. DeLuxe Edition)
Rezension
Er spielt ja bei Sons Of Kemet (mit Shabaka Hutchings) und Smile (mit Thom Yorke). Die Studiofassung vor 2 Jahren war sehr kurz und toll (mit u.a. Shabaka und Nubya Garcia), diese Liveversion (in London Januar 2023 eingespielt) ist lang (über 70 Minuten) und noch besser! Weniger prominent besetzt, aber exquisite Musiker, 2 Bläser (v.a. Saxes), auch jetzt wieder Cello, + Rhythm Section. 4 der 7 Stücke waren auf der Studio-LP, die 3 anderen hier sind Cover von Abdul Wadud.
Die meisten Tracks bewegen sich zwischen 5 und 8 Minuten, 2 liegen weit darüber. Z.B. der Opener (und Titeltrack), schon damals das Highlight der Platte, nun erst recht, fast aufs dreifache (15 Min.) gestreckt. Grandios. Frei-getragen-spiritueller Jazz in wechselnder Intensität, mit kongenial vernetzten/kommunizierenden 2 Saxes + Cello (das manchmal fast wie ein drittes Sax anmutet), die alle bisweilen herzzerreißend emotional agieren. Viel später steigern sich Tempo und Beweglichkeit, noch mehr Freiheit, aber auch erhabene Momente schleichen sich ein. Perfekt und so mitreißend wie bewegend. Eines der Wadud-Cover ist noch länger, anfangs meditativ und melodisch, entwickelt sich bald eine flexible federnde bis rollende phasenweise komplex groovende Rhythmik, die Musik bezieht Inspirationen aus den 60ern („Post Bop“ spezieller Art, ohne auf freie Elemente zu verzichten), aber auch den frühen 70ern abseits des damaligen Electric Jazz, kurzzeitig dachte ich an den großartigen Kahil El Zabar bzw. sein Ethnic Heritage Ensemble; ein famoses Sax-Solo läuft ausgiebig über der Rhythmik, ebenso ein beinahe zartes vom Bass. Die anderen Stücke arbeiten in einer beträchtlichen Spannbreite: Luftige bewegliche kammermusikalische aber agile Avantgarde mit feinstem Flöten-Feature; repetitive und korrespondierende Bass- und Sax-Motive als Basis in einem herrlich rollenden Groove verpackt, die Melodien wiederum dienen als Ausgangsmaterial für ein absolut superbes am Rhythmus orientiertes Bass-Solo, vom Cello bestens grundiert; zwei wunderschöne lyrische bis kontemplative Nummern, in einem Fall entwickelt sich ein Gespräch der beiden Saxes und des Cellos, bei dem sich die Melodien ergänzen/aufeinander aufbauen und reagieren (Bass und Drums punktieren nur), im anderen erblüht irgendwann ein hypnotischer differenzierter recht relaxter feinziselierter blendender Groove die Traditionen der 60er und 70er ehrender zeitgenössischer melodisch reizvoller Top-Jazz! Schließlich rundet ein ähnlich angelegtes genauso brillantes Stück ab, wird diesmal jedoch nach einiger Zeit ein wenig aufgeregter, lebhaft und treibend. Skinners Drums übrigens arbeiten oft sehr sparsam und filigran, feinfühlig (und optimal gespielt).
Die CD ist auf nur 700 Stück limitiert, Edel-Deluxe-Ausgabe, Spotdruck, UV-Reliefs, handnummeriert. Große Empfehlung! (detlev von duhn)
Review
In January 2023, Tom Skinner and his ensemble performed material from his recently released album Voices of Bishara at London club "mu"- a venue founded by the curators at Brilliant Corners and named after the seminal Don Cherry live album. The set was augmented by a rendition of Tony Williams" "Red" and three pieces by Abdul Wadud, whose 1977 self-released solo cello album, By Myself, was a primary inspiration for Voices of Bishara.
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