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London Brew - London Brew

Cover von London Brew
London Brew
London Brew

Label Concord
Erstveröffentlichung 31.03.2023
Format 2-CD
Leider nicht verfügbar.
Rezension

Ein 88-minütiges Werk, inspiriert vom Miles Davis-Oberklassiker Bitches Brew (daher auch der Name). Uur 12-köpfigen Besetzung zählt ein Teil der Creme des in den letzten Jahren so aufgeblühten englischen Jazz, u.a. Shabaka Hutchings, Tom Skinner, Nubya Garcia, Tom Herbert, Theon Cross.

Es beginnt mit den zwei Teilen des Titeltracks, satte 23 und 16 Minuten lang: Der ganz besonders stark von Synthies und Electronics (die in fast allen Stücken auftauchen, nur nicht so massiv wie hier) gespickte Teil 1 startet mit dräuenden Nebelschwaden, gefolgt von brodelndem komplex groovendem (fast rockendem) handfestem Electro Jazz (tatsächlich Bitches Brew ähnlich), woraus sich Kammer-Avantgarde entwickelt zwischen frei assoziiert und melodischen Sax-Linien, immer mehr verdichtet, hin zu rasend schnellen Abstract Grooves (mit größerem E-Piano-Anteil, und noch einmal an Bitches Brew angelehnt) und brennendem wirbelndem rhythmisiertem Free Jazz (Bläser! Wozu übrigens generell neben verschiedenen Saxes mehrfach eine Bass-Klarinette gehört), der im scharfen Kontrast zu den nachdenklich-meditativen und luftigen bis sphärischen Klängen im weiteren Verlauf steht, bevor sich das Stück noch einmal allmählich intensiviert, erhaben und melodisch zunächst, hypnotisierend fast zum Schluß. Welch eine Kollektiv-Improvisation!

Teil 2 läßt erneut kochendem Electric Jazz (-Rock) freie Bahn, relativ hart und von aggressiven Synthies und Gitarren dominiert, ein E-Piano übernimmt, Sax und Geige läuten eine faszinierende atmosphärische und repetitive Phase ein (beinahe psychedelisch, ein wenig auch spacy), die schwebend, kontemplativ ausläuft, um Lautstärke und Dichte ein weiteres Mal (und frei) zu steigern. Das anschließende Miles Chases New Voodoo In The Church ist, klar, angelehnt an Miles Runs The Voodoo Down von Bitches Brew ziemlich aggressiver straighter Electric Jazz Rock mit Verzerrungen und etwas Synthie-Störfeuer, Gitarre und Sax spielen sich die Bälle zu; nach einem Break wird's ruhig, es tauchen wieder repetitive Sax-Motive auf, langsam steigert sich wie nun schon gewohnt alles über einem elastischen Groove, spacige Effekte in immer leiserem Ambiente beschließen.

Ganz anders das folgende Nu Sha Ni…: Ein einsames atmendes lyrisches Sax beginnt in sanfter Schönheit, bedächtig rhythmisiert in aller Ruhe poetisch fortgeführt. Eine diesmal großteils akustische becircende melodische Jazz-Ballade, getragen vor allem von Sax, Piano und Melodica (die in mehreren Tracks dabei ist). Die folgende Nummer weist eine gewisse Ähnlichkeit zu den eher frühen elektrischen Sachen von Herbie Hancock auf groovend in atmosphärisch, nur etwas zeitgenössischer. Zwei weitere sehr lange Tracks kommen zum Schluß, beide groovend, einer dezidiert originell und außergewöhnlich (sehr agil, top!), der andere aufs Interplay von E-Gitarre und Sax konzentriert.

Erstklassiger fantasievoller Jazz, der trotz der Bitches Brew-Bezüge darüber hinausweist, klare Empfehlung. (detlev von duhn)