Immanuel Wilkins - The 7th Hand
Rezension
2. LP des vielfach gefeierten Alt-Sax-Newcomers (er ist erst 24) auf Blue Note. Er arbeitete trotz seiner jungen Jahre schon mit vielen (und sehr unterschiedlichen) Jazzern, darunter Wynton Marsalis, Jason Moran, Joel Ross, aber auch mit Solange Knowles (die Schwester von Beyonce) und Bob Dylan. Und er führt die Reihe großartiger neuer Jazz-Alben junger Musiker in den letzten 3 Jahren fort! Wenngleich etwas weniger „neuartig“ als einige von denen.
Wilkins agiert (im Quartett) oft im weiten Feld des Post Bop, mal deutlich angefixt von den 60ern, mal typisch zeitgenössisch, aber durchaus eigenwillig, „anders“, teils modal orientiert, gern enorm verdichtet und ausgesprochen ereignisreich, nur selten in freie Gefilde vordringend (und, zunächst, nie bis zum Äußersten getrieben). Dazu gehören ein ausgesprochen hoher melodischer Gehalt samt gelegentlicher frischer überraschender Wendungen, zeitweise straighter wie komplexer Swing plus diverse Rhythmuswechsel, teils auch mehrschichtige Polyrhythmik mit gewissem unterschwelligem Groove-Effekt. Dies auf höchst möglichem Level und enorm spannend, wenn sich afrikanisch beeinflußte Percussion, Piano und Sax auf mehreren sich überlappenden rhythmischen Ebenen bewegen toll!
Dazu gibt es ein paar repetitive Tendenzen, wundervolle „tastende“ feinziselierte elastische hochmelodisch-poetische ruhige Tracks, eine auf faszinierende Weise langsame, fast stoisch schreitende Nummer mit agil umherstreifender brillanter Flöte (Gast Elena Pinderhughes), die ein zweites Mal in einem mächtig quirligen Setting auftaucht (das zum Schluß spirituell aufgeladen a la frühe 70er erscheint).
Das mit den seltenen freien Ideen ändert sich freilich im letzten, satte 26 Minuten langen, Stück radikal: Klassischer u.a. an die späteren 60er angelehnter ganz vorzüglicher kollektiv improvisierter Free Jazz auf beständig feuerndem Energielevel. Nach ungefähr einem Viertel der Laufzeit wechselt es in ein dunkles/tonal tiefer gelegtes Terrain, um dann irgendwie, hmm, auf einer in der Intensität kaum veränderten Ebene zu „kreiseln“ (faszinierend!), bevor es zurück zu den Anfängen geht… Zeit zum Luftholen bleibt da kaum, erst nach 19 Minuten.
Fabelhafter leidenschaftlicher furioser Stoff jedenfalls, erinnert mich phasenweise, was aktuelle Acts betrifft, ans Okuden Quartet/Mat Walerian (im Prinzip zudem spätem Coltrane wesensverwandt, z.B. „Ascension“). Insgesamt aber lehnt er sich an niemanden direkt an. Große Empfehlung! (detlev von duhn)
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