My Brightest Diamond - Fight The Real Terror
Rezension
Als klassisch ausgebildete Sängerin und autodidaktische Instrumentalistin hat Shara Nova seit 2006 als My Brightest Diamond fesselnde Musik veröffentlicht. Im Laufe der Jahre erschienen fünf bahnbrechende Alben, von denen jedes eine andere musikalische Landschaft zeigt, wobei Novas unverwechselbare Stimme immer im Mittelpunkt steht. Ihre Reise nahm im Juli 2023 eine unerwartete Wendung, als nur wenige Stunden, nachdem sie vom Tod Sinéad O'Connors erfahren hatte, ein heftiger Sturm ihr Haus in Detroit in die Dunkelheit stürzte. Während die Stadt den Atem anhielt, saß Nova mit ihrer Gitarre da und dachte an O'Connors ikonischen SNL-Auftritt, bei dem sie Bob Marleys "War" umgedichtet hatte, um den Kindesmissbrauch zu thematisieren und die Zuschauer aufzufordern, "den wahren Feind zu bekämpfen". Inspiriert von diesem Akt künstlerischen Mutes, goss Nova ihre Emotionen in ein rohes Demo - den Titelsong "Fight the Real Terror" - der das Album in seiner ursprünglichen Form eröffnet. Shara reiste von ihrem Zuhause in Detroit nach Chicago und arbeitete fünf Tage lang mit Tom Schick in Wilcos Studio The Lo. Ursprünglich erwartete sie, dass sie alles neu aufnehmen würde, doch sie war überrascht, als Tom darauf bestand, das rohe Demomaterial zu behalten. Die Woche wurde mit Overdubbing verbracht, wobei Shara zum ersten Mal Bass spielte, neben Klavier und Gitarren mit Gizmotrons, und einige in ihrem Studio aufgenommenen Original-Gitarrenparts wurden neu abgemischt. "Fight the Real Terror" ist mehr als nur eine Sammlung von Songs, es ist ein Aufruf zum Handeln und ein Zeugnis für die transformative Kraft der Musik. Novas kraftvoller Gesang und ihre genreübergreifenden Kompositionen sind gleichzeitig intim und ausladend und fordern die Zuhörer auf, sich ihren Ängsten zu stellen, ihre Verletzlichkeit anzunehmen und für eine bessere Welt zu kämpfen.
Unser Rezensent zum Album:
Ungewohnt für sie, schon wegen der minimalen Instrumentierung (weitgehend basiert das Werk auf Demos, nur behutsam oder sogar gar nicht ergänzt, im Studio von Wilco). Was ich für ausnehmend gelungen halte! Das Ergebnis klingt nach nackter Emotion, nach Drama, Verzweiflung, lodernder Hoffnung, Auflehnung, Zärtlichkeit… was ebenso für einen Großteil ihres Gesangs zutrifft, der immer wieder auch in hohe Lagen abdriftet, gar kurz in opernhafte Phasen (sie verfügt über eine klassische Ausbildung), aggressiv werden kann, strahlend, im Kontrast zu sanfter, einfühlsamer bis barmender Gangart, und massiv phrasierende Glanzlichter setzt. Viele Stücke verzichten auf Drums (respektive setzen sie nur minimalistisch ein, im Verein einzig mit der E-Gitarre (akustische spielt keine Rolle), nur sehr selten hört es sich nach kompletter Band an, gelegentlich verfeinert eine Orgel/Synth (kurzzeitig). Umso unmittelbarer und intensiver klingt die Musik (bzw. die Stimme). Die manches Mal zu scharfen Kontrasten greift, schroff wie einfühlsam oder intim wirken kann, zart wie extrovertiert und mächtig rauh, dunkel und atmosphärisch spannend, schneidend wie repetitiv, mit vielen leisen Phasen. Stilistisch lässt sich das schwer einordnen, selten ergeben sich 60s-Songwriter-Folk- oder 70s-Songwriter-Pop-Parallelen, wer will, kann mal PJ Harvey heraushören, oder Jeff Buckley, vielleicht kurz gar Nico, in einem Fall Indie Rock (freilich sehr speziell, fast originär, stampfend und hart, aber auch zerbrechlich), eindeutig ist das alles jedoch nie. Wie gesagt, sehr gelungen, ein Spezial-Tipp. (detlev von duhn)
Tracklisting
1. FIGHT THE REAL TERROR< |
>2. ROCKET IN MY POCKET< |
>3. EVEN WARRIORS< |
>4. IMAGINARY LOVER< |
>5. RULE BREAKER< |
>6. SAFE HOUSE< |
>7. HAVE YOU EVER SEEN AN ANGEL< |
>8. SUBLIME< |
>9. THERE'S NO PLACE< |
>10. I SAW A GLIMPSE |
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