Beth Gibbons - Lives Outgrown
Rezension
Standard CD im Jewel Case inkl. 16-seitigem BookletBeth Gibbons, die Sängerin von Portishead, veröffentlicht ihr erstes Soloalbum. Das Album enthält 10 wunderschöne neue Tracks, die über einen Zeitraum von 10 Jahren aufgenommen wurden. Produziert wurde das Album von James Ford & Beth Gibbons mit zusätzlicher Produktion von Lee Harris (Talk Talk).Lives Outgrown ist in gewisser Weise Beths bisher persönlichstes Werk, das Ergebnis einer Periode anhaltender Reflexion und Veränderung - "viele Abschiede", wie Beth sagt. Abschiede von der Familie, von Freunden, sogar von ihrem früheren Ich. Es sind Lieder aus der Mitte des Lebens, wenn der Blick nach vorn nicht mehr so viel bringt wie früher und der Blick zurück plötzlich einen schärferen Fokus hat. Die Lieder handeln von Mutterschaft, Ängsten und den Wechseljahren (die Beth mal als "massive Prüfung" und mal als "massiven Abstieg" beschreibt, der "dich in die Knie zwingt") sowie zwangsläufig auch von der Sterblichkeit. Aber nach diesem Jahrze hnt des Wandels und der Neuausrichtung hat Beth das Gefühl, eine neue Bestimmung gefunden zu haben. "Jetzt, wo ich am anderen Ende angekommen bin, denke ich einfach, dass man mutig sein muss", sagt sie. Neben Beths Arbeit mit Portishead, ihrem Album Out Of Season mit Rustin Man (2002) und der Aufnahme ihrer Interpretation von Góreckis Symphony Of Sorrowful Songs (2014) war sie zuletzt in Zusammenarbeit mit Kendrick Lamar bei "Mother I Sober" (2022) von dessen Album Mr Morale & the Big Steppers zu hören.Unser Rezensent zum Album:
Leider ist sie nur ziemlich selten mit neuem Material zu hören, in unterschiedlichen Konstellationen. Dies ist eine „richtige“ Solo-LP, zuletzt gab´s ja das vor 10 Jahren aufgenommene Orchesterwerk von Penderecki (Sinfonie Der Klagelieder). Im Laufe der Zeit seit damals entstanden nach und nach die hier vertretenen 10 neuen Stücke (macht also im Schnitt eines pro Jahr), teilweise ebenfalls mit einem 24-köpfigen (Mini-) Orchester eingespielt. Mit wenigen Ausnahmen dominieren denn auch Streicher (als einzelne Geige, als kleine Gruppe oder eben großformatiger) den Sound, zusammen mit Schlagwerk (das teils recht dezent, teils durchschlagend/fast beherrschend, und meist tiefer gelegt agiert) und Akustikgitarre, dazu gesellen sich hier und da Bläser, eine Orgel, eine E-Gitarre, Keyboards/Synth, Flöte (einmal ein Mellotron?). Ihr superber Gesang kommt gelegentlich (sehr schön arrangiert) mehrstimmig bzw. mitsamt einem kleinen Chor. Das Ergebnis ist abwechslungsreich, phasenweise originär, teils spektakulär, oft einfach großartig! Stilistische Zuordnungen sind nicht immer einfach, direkte Vergleiche schon gar nicht (immerhin vermute ich, dass das Album u.a. was für Björk- oder Julia Holter-Fans sein könnte, freilich ohne direkt an die zu erinnern). Gelegentlich wäre der Begriff „avancierter Drama Pop“ vielleicht verwendbar (z.B. mit anfangs herausstechendem dunkel pochendem Schlagwerk, das sich später im Kontrast zu einfallsreich und unorthodox/spannend zusammengesetzten Streichern befindet, in einem Fall dachte ich für Sekunden gar an den noch nicht allzu stark experimentellen Scott Walker der 80er; vielschichtig bzw. sehr variabel jedenfalls). Anderswo eher „Songwriter-Edel-Pop“, natürlich ebenfalls in immens eigener Form (hier elegisch-wehmütig in umhüllend/leicht schwelgend, bei später kontrastierendem rhythmusbetontem agilem Backing; dort melancholisch gefärbt mitsamt punktuellen Orient/Arab-Spritzern und Ethno-Groove-Spuren). Ansonsten prallt mal vollmundige Pop-Grandezza auf Noise-Splitter und Hypno-Tribal-Groove und entwickelt eine tolle Sogwirkung, mal kombiniert sie kurzzeitig ansatzweise Club-affine auf jeden Fall aber extrovertierte Rhythmik mit beinahe unwirklich erscheinenden eine Spur schwerelosen Klängen (vorübergehend gleichzeitig), oder es wirkt sowohl wuchtig wie ein bisschen unheimlich und eher zart bis eine Spur schwelgend im gleichen Song, während sich eine experimentelle Note, abgedrehte bis raffinierte Rhythmik und noch einmal leichte Arabesken abwechseln. Eine atmosphärisch starke Nummer zelebriert sowas wie „Folk Art Pop“ (bedächtig, punktuell in leichter Schräglage, meist jedoch harmonisch und melodisch sehr attraktiv), packend hypnotisch wird es, wenn sich ein beständiger suggestiver geradliniger Fluss entwickelt, in Begleitung grandioser mehrstimmiger Passagen, den Abschluss bildet Songwriter-Folk-Pop in friedvoll, melancholisch und wunderschön, bisweilen etwas fülliger. Ein großes Werk, eine große Empfehlung! (detlev von duhn)
Angaben zur Produktsicherheit
Herstellerinformationen
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Im Mediapark 6B
50707 Köln
Germany
legal.de@believe.com
Tracklisting
1. Tell Me Who You Are Today 03:55< |
>2. Floating On A Moment 05:26< |
>3. Burden Of Life 03:35< |
>4. Lost Changes 05:41< |
>5. Rewind 04:47< |
>6. Reaching Out 04:15< |
>7. Oceans 03:43< |
>8. For Sale 04:25< |
>9. Beyond The Sun 03:54< |
>10. Whispering Love 06:10 |
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