PJ Harvey - I Inside The Old Year Dying
Rezension
PJ Harveys zehntes Studioalbum 'I Inside the Old Year Dying' ist ihre erste Veröffentlichung seit sieben Jahren, nachdem sie mit 'The Hope Six Demolition Project' auf #1 der britischen Charts (#11 der deutschen Charts) landete. Auf diesem Album, das mit ihren langjährigen kreativen Mitarbeitern John Parish und Flood aufgenommen wurde, erschafft PJ Harvey ein klangliches Universum, das sich in einem Raum zwischen den Gegensätzen des Lebens und zwischen der jüngsten Geschichte und der alten Vergangenheit befindet. Durchsetzt mit biblischen Bildern und Anspielungen auf Shakespeare, lösen sich all diese Unterscheidungen letztlich in etwas zutiefst Erhebendes und Erlösendes auf.
Unser Rezensent ist angetan:
Ihre letzten Platten fand ich nicht mehr so herausragend. Aber das hier… Es gibt einen Song, gleich zu Beginn, von derart unbeschreiblicher Schönheit, geradezu unwirklich und verzaubernd, daß mir die passenden Worte fehlen. Eine andere Nummer bildet einen starken und faszinierenden Kontrast zwischen der pochenden hypnotischen Basis und der verfremdeten/verhallten Gitarrenbegleitung, was, zusammen mit der hier frappierend guten Melodik, zu einem weiteren absoluten Glanzpunkt führt (stilistisch, in Ermangelung wirklich passender Zuordnungen, wie ein weiteres sehr schön leise flirrendes Stück vielleicht einfach als „Indie Pop“, freilich sehr eigener Art, zu bezeichnen). Den Schlußpunkt bildet ein wie der Opener wunderschöner, zart beginnender und endender Track mit Akustikgitarre und Vogelgezwitscher, der mittendrin fast maschinenhaften rohen (wiewohl partiell akustischen) Noise Rock zelebriert! Dazwischen wirkt der Klang mal ein bischen folkig (sparsam instrumentiert), die Melodik und der lineare/strikt straighte Songaufbau jedoch nicht, gleich danach kehrt sie die Merkmale um: Folkig in der Art des Songs, nicht jedoch im Sound (der sachte Synthies beinhaltet, neben Akustikgitarre). Oder es überrascht so etwas wie ausgesprochen reizvolle (in einem Fall repetitive) „Songwriter-Elektronik“, ob im beständigen Spannungsfeld, oder im fremdartigen Avantgarde-Zustand (klanglich gesehen), woanders spooky Folk Rock in bestechender doch relativ handfester Atmosphäre. Ebenfalls klasse: Ein barmender und zugleich relativ stoischer, suggestiver, leicht angerauhter Track und sanft fließender auf seltsam verquere Art eindringlicher Folk Pop. Bei alledem befinden sich die Folk-Einflüsse weit abseits herkömmlicher Traditionen, mehrfach schwingt Harvey sich stimmlich in enorme Höhen, der Sound ist gern nicht richtig greifbar/die jeweiligen Quellen nur schwer identifizierbar (gern paaren sich akustische Gitarren mit Synthies, wie oft eine E-Gitarre eingesetzt wird, läßt sich nicht richtig beurteilen, Loops tauchen auf und verschwinden), ein Marken/Erkennungszeichen in vielen Stücken ist die in ihrem jeweiligen Verlauf erbarmungslos geradlinige kaum einmal veränderte Rhythmik. Pedal Steel, Klarinette, Vibrafon sind in der Besetzungsliste verzeichnet. Insgesamt entwickelt sich immer wieder eine unvorhersehbare Magie, bisweilen auf unorthodoxe Weise irgendwie halluzinogen. Großartiges Werk, massive Empfehlung. (detlev von duhn)
Tracklisting
1. Prayer At The Gate< |
>2. Autumn Term< |
>3. Lonesome Tonight< |
>4. Seem An I< |
>5. The Nether-Edge< |
>6. I Inside The Old Year Dying< |
>7. All Souls< |
>8. A Child’s Question, August< |
>9. I Inside The Old I Dying< |
>10. August< |
>11. A Child’s Question, July< |
>12. A Noiseless Noise |
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